Meine liebe Elisabeth ist zurück, mit einer neuen Kolumne über das Leben in den USA. Wie ist das eigentlich, so als Gast? Open End – kennt der US-Amerikaner nicht. Dazu nun aber mehr, viel Freude mit einem weiteren Text, meiner lieben Elisabeth. HIER findet ihr alle ihre Kolumnen zusammengefasst und HIER bei Instagram.
Einladen auf Amerikanisch
When in Rome, do as the Romans do
Jeder, der schon einmal im Ausland war, kennt sie. Diese Momente, in denen man denkt: Aha, so läuft das hier…
Und dabei ist es im Grunde total egal, ob man dort nur ein paar Tage, Monate, oder eben Jahre verbringt.
Dies ist nun mein fünftes Jahr Amerika.
An bestimmte Gepflogenheiten habe ich mich schon längst gewöhnt, manche finde ich immer noch gewöhnungsbedürftig, bei wieder anderen ertappe ich mich dabei, wie ich sie sogar übernehme.
Eine Sache fand ich anfangs wahnsinnig irritierend, fast unfreundlich. Die Sache, mit den Einladungs“zeiten“.
Die Amerikaner sind sehr gesellig und gastfreundlich und laden gerne ein. Ob nun zu einem Brunch, zu einer Cocktail-Party nach der Arbeit oder einer Dinner-Party. Meist wird schriftlich eingeladen, oft bekommt man hübsche Einladungskarten mit dem freundlichen Vermerk, bitte rechtzeitig mitzuteilen, ob man kommen könne. Man hat es gerne verbindlich.
Soweit so gut. Doch nicht nur die Uhrzeit, ab wann man erwartet wird, ist auf den Einladungen zu finden, sondern auch, bis wann die Party gehen soll. Zum Beispiel: „Wir freuen uns, wenn ihr am 21. Oktober von 19 – 22 Uhr kommt.“
Als ich das erste Mal so eine Einladung in den Händen hielt, wusste ich nicht, was ich mit der Info machen sollte. Haben die Gastgeber am nächsten Tag noch was vor? Haben sie eigentlich keine Lust oder Zeit? Mit, zugegeben, etwas gedämpften Erwartungen stiefelte ich los. Mal sehen, was der kurze Abend bringen würde.
Nun, es waren schöne Stunden, die Gastgeber herzlich, die Gespräche anregend, das Essen vorzüglich. Doch so gegen 21:30 Uhr wurden langsam die Gläser ausgetrunken, nachschenken wollte sich kaum noch einer. Ab 21:40 Uhr verabschiedeten sich die ersten Gäste. Ich schloss mich einer Gruppe an, die gegen 21:50 Uhr das Haus verließ. Bloss nicht aus der Reihe tanzen.
Mittlerweile weiß ich, dass die Gastgeber keineswegs nicht gastfreundlich waren – sie hielten sich einfach an die Konventionen. Denn, wenn Du in diesem Land eine grössere Gruppe einlädst, schreibst Du auch immer, wann die Lichter ausgehen.
Vor ein paar Wochen hatten wir Besuch, ein Pärchen. Er Deutscher, sie Amerikanerin – sie scherzen häufig über die unterschiedlichen kulturellen Normen. Irgendwann sprach ich Lindsey auf diese Eigenheit der Amerikaner an. Sie lachte nur und sagte, dass es tatsächlich so sei. Selbst wenn man sich auf der Veranstaltung wohl fühle, würde man versuchen eine halbe Stunde vor Ende zu gehen, da man die Gastfreundschaft nicht überstrapazieren möchte.
Übrigens blieben diese beiden bis spät in die Nacht. Sie schaut sich wohl das ein oder andere vom deutschen Ehemann Sönke ab. 😉
Das Einladeverhalten der Amerikaner schließt so manches von vorne herein aus. Selbst wenn es ein wirklich netter und kurzweiliger Abend in lustiger Runde ist, werden zeitig die Segel gestrichen. Viele Amerikaner kennen kein „open end“.
Doch diese Konvention hat einen erfreulichen Nebeneffekt: Das unterdrückte Gähnen, der verstohlene Blick auf die Uhr, wenn sich die Gäste (ohne Kinder) sehr wohlfühlen und gerne noch einen „kleinen Schluck vom leckeren Malbec“ hätten, während die Gastgeber (mit Kind) um 00.30 Uhr im Kopf panisch die Stunden zählen, bis das Kindchen wieder wach wird.
Ja, gerade als Mutter konnte ich mich daran sehr gut gewöhnen, kann dieser Eigenart mittlerweile auch viel Positives abgewinnen.
Reden auf Veranstaltungen sind deutlich kürzer (man hat ja nicht unendlich viel Zeit), man kann dem Babysitter genauer sagen, wann man zurück ist – und ich weiß, dass ich nicht zu spät wieder zu Hause bin und noch genügend Schlaf bekomme (Partytier war gestern, ich feiere eher ein Party, wenn ich 8 Stunden Schlaf hatte).
Und wenn wir mal Lust haben, ein wenig über die Stränge zu schlagen (höhö!) , laden wir unsere britischen, italienischen, französischen oder deutschen Freunde ein. Da sind dann häufig auch ein paar Amerikaner dabei. Die finden solche Abende dann meistens herrlich anders. 😉
Eva
Ich war mal in Kalifornien auf einer Hochzeit und da ich es aus Deutschland so kenne, dass bis tief in die Nacht gefeiert wird War ich sehr überrascht, dass gegen Nachmittag die Sause auf einmal vorbei war und alle brav nach Hause gegangen sind.
Elisabeth
Das stimmt, so geht es mir auf amerikanischen Hochzeiten auch… um 00.00 Uhr werden langsam die Lichter ausgemacht. Merkwürdig… 😉
Sylvia
Sehr cooler Beitrag! Ehrlich gesagt habe ich davon noch nie was gehört und dachte immer die Amis seien eher lockerer als wir hier. Ich finde diese Sache aber ganz toll und würde sie am liebsten direkt übernehmen, weil mir dieses gezwungene lange bleiben auf die Nerven geht. Hier ist es eher unfreundlich wenn man als erstes geht weil der Gastgeber denkt es hätte einem nicht gefallen. Als Morgenmensch hätte ich aber nichts dagegen meine Gäste ab 23.oo zu verabschieden, bevor ich mit der Stirn auf der Tischplatte liege.
Liebe Grüsse
Sylvia
http://www.mirrorarts.at
Elisabeth
Da hast Du recht. Ich kann dem Ganzen mittlerweile auch viel positives abgewinnen. Lieben Gruß, Elisabeth
Nina
Ich habe das bis jetzt eigentlich nur bei Einladungen für Hochzeiten, babyshower oder ähnlichem erlebt, bei privaten Anlässen eigentlich nicht. Vielleicht haben wir auch einfach nur auf unseren Freundeskreis abgefärbt ? Aber da hält auch keiner viel länger als 12/1 Uhr Nachts aus, denn Dank Kinder müssen die meisten am nächsten Tag früh raus…
Elisabeth
Hah, na wenn alle Kinder haben, sind sich wohl alle einig, dass der nächste (frühe) Morgen habt bald naht… ;)) Lieben Gruss, Elisabeth
Tabea
Das ist ja spannend. Und ich kann mir vorstellen dass das gerade mit kleinen oder schulpflichtigen Kindern eine große Erleichterung ist.
~Tabea
Elisabeth
In der Tat!! ;))
MoblakeineAbsicht
Ach, das ist ja irre :-O Wusste ich nicht 😀 OH, ich liebe ihre Beiträge 😀 Das ist unheimlich interessant!
Ich weiß gerade auch nicht, ob ich das gut, oder schlecht finden soll 😀 Hat wohl, wie alles, seine Vor-& Nachteile – wie schon erwähnt. Mehr davon! <3
Elisabeth
Ach wie lieb, das freut mich! Ich finde auch, man kann beiden „Verhaltensweisen“ etwas positives und negatives abgewinnen. Liebe Grüße, Elisabeth
Joanamarit
Ich habe selber ein Jahr in der USA gelebt und ja, vor allem bei Hochzeiten fand ich es extrem irritierend wenn die bis um 22 Uhr nur gehen und man dann regelrecht „rausgeschmissen“ wird.
Ich lese deine Kolumne übrigens wirklich unglaublich gerne, bitte mehr davon :))