Schwangerschaft in den USA,
wie ist das?
Meine liebe Kolumnistin Elisabeth hat heute wieder eine sehr spannende und unterhaltsame Kolumne für euch. Als Deutsche schwanger in den USA, wie ist das eigentlich? Heißhunger, Smalltalk und amerikanische Feierwütigkeit. Ich kann es ja noch immer nicht glauben, dass Elisabeth und ich nun gemeinsam „kugeln“. Und ich freue mich sehr mit ihr, dass sie ganz bald ein zweites Mädchen begrüßen darf.
Alle Texte von Elisabeth findet ihr HIER.
Von Dönerfantasien und Kassen-Smalltalk,
die alltäglichen Herausforderungen einer Schwangeren im Ausland
Viele von Euch interessiert es offenbar, wie ich hier in Amerika die Schwangerschaft empfinde. Über meine Erfahrungen bei der ersten Schwangerschaft habe ich HIER geschrieben. Heute nun also ein Update von mir. Ich muss zugeben, mir fallen solche persönlichem Texte schwer. Als Journalistin bin ich es nicht gewöhnt, über mich selbst zu schreiben… Also seht mir nach, dass es von mir kein wöchentliches Update gibt – das können die vielen anderen Schwangeren hier auf Instagram viel besser als ich…. 😉
Schwangerschaftsvorsorge
Ich habe nun mehr als die Hälfte der Schwangerschaft hinter mir und empfinde die hiesige Schwangerschaftsvorsorge nach wie vor als ruppiger, nüchterner und eher lückenhafter als in Deutschland. Doch dieses Mal stört mich das überhaupt nicht. Schon in der ersten Schwangerschaft war ich relativ entspannt, jetzt bin ich es wohl noch mehr. Ich ruhe in mir. Weiß selbst, was gut und richtig ist für mich und das Baby. Ich habe meinen goldenen Weg gefunden. Ich bin dankbar dafür, dass ich mich nicht verrückt mache, sondern auf meinen Instinkt vertrauen kann.
Ich kenne aber auch deutsche schwangere Frauen, die sich mit der amerikanischen Schwangerschaftsbetreuung nicht anfreunden können. Sie lassen bestimmte Untersuchungen in Deutschland vornehmen oder fliegen dorthin, um ihr Kind in einem deutschen Krankenhaus zur Welt zu bringen.
Deutsche Schwangere in den USA
Fast fünf Jahre meines Lebens habe ich in Amerika verbracht. Dass es einmal soweit kommt, hätte ich selbst am wenigsten vermutet, noch weniger wohl, dass ich hier auch noch zwei Kinder zur Welt bringen würde.
Heimweh, das Herunterzählen der Tage bis zum nächsten Heimatbesuch, den unfassbaren Jieper auf Leberwurstbrote, Brezeln, Kinderschokolade und Haribocolaflaschen sind längst passé… Eigentlich. Doch seit ein paar Monaten ist mein gesunder Menschenverstand wie verschwunden. Denn mein Körper regiert und schreit: „Döner, jetzt!“ oder „Gummibärchen, sofort!“
Doch wo ein Wille ist, ist ein Weg. Amazon liefert mir deutsche Süßigkeiten aller Art (allerdings eher zum Preis von Rohdiamanten), statt kurz zum Bäcker um die Ecke zu laufen, machen wir den Weg zur Schweizer Bäckerei eben zum Wochenendausflug und da sind dann 26 Kilometer für eine Strecke völlig akzeptabel – und mein Bruder überraschte mich vor ein paar Wochen mit einem gigantischen Paket voller schwedischer Lakritz!
Trotzdem, manchmal träume ich davon, ein Wochenende in Deutschland zu sein. Wie ich mich durch sämtliche Lieblingscafés und -restaurants schlemme, durch die wunderbaren Straßen laufe, in die Läden gehe, die mir gefallen… meine besten Freunde treffe. In einem Raum zu sitzen, in dem jeder meine Sprache spricht. Den Kuckuck rufen zu hören, der nur im Norden Deutschlands so ruft, wie er ruft. Das vertraute Blätterrauschen zu hören, das es nur in meiner Heimat gibt. Ja, das fehlt mir nach langer Zeit das erste Mal. Schuld sind für mich die Hormone, die sich rationalem Verstand in den Weg zu stellen scheinen. 9 Monate Ausnahmezustand im Bauch – und im Kopf.
Mein (amerikanisches) Umfeld
Die Amerikaner lieben es, Ereignisse festlich zu begehen. „Bridal shower“, „Baby shower“, oder „Genderreveal-Parties“ – alles wird gefeiert. Ein Trend, der schon längst nach Deutschland übergeschwappt ist. Große Lebensereignisse werden zelebriert und offen geteilt. Und so ist die erste Frage, nachdem man die Schwangerschaft verkündet hat, sofort: „Do you know what you are having yet?“ Und sobald auch das Geschlecht geklärt ist, wird sofort nach dem zukünftigen Kindsnamen gefragt. Was einem sicherlich auch in Deutschland passieren kann… aber hier, hier fragt wirklich jeder. Nicht nur Freunde, Nachbarn oder Arbeitskollegen – auch die Dame an der Kasse, die Verkäuferin in einer Mall,… sobald der Bauch plopp macht, geht die Fragerei los.
Das kannte ich schon von der ersten Schwangerschaft. Manchmal empfand ich es als lästig, aber irgendwie arrangierte ich mich damit, so wie mit den alltäglichen Floskeln wie „how are you“…
Die Freude war prinzipiell riesig, wenn die Nachricht war, dass es ein Mädchen ist. Ja, Mädchen sind toll. Rosa, Schleifen, herzig. Girls are great!
Doch jetzt, jetzt ist das zweite Kind auf dem Weg. Wieder ein Mädchen. Gesund und munter. Uns war es eigentlich egal, wir hätten uns auch sehr über einen Jungen gefreut, aber jetzt, wo es raus ist, merken mein Mann und ich, dass wir richtig selig sind. Zwei Mädchen passen einfach zu uns und in unsere Familie. Ich bin gerne Mädchen-Mama. Das kann nicht jeder wissen, das muss nicht jeder wissen. Im Prinzip geht es ja auch niemandem etwas an. Warum ich es trotzdem schreibe und jetzt hier bewusst öffentlich mache?
Mit der Botschaft, dass wieder eine Mädchen unterwegs ist, ist der ein oder andere zweite Blick in meine Augen tief. „Oh, das ist doch toll… oder?“ „…und, wie findest Du das?“ Oder gar „hast Du Dir nicht lieber einen Jungen gewünscht?“
Eine Arbeitskollegin mit zwei Jungs erzählte mir jetzt, dass sie bei ihren Söhnen noch krassere Reaktionen hatte. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass es sogar schon beim ersten Jungen zwar überwiegend freudige Reaktionen gab, aber, so empfand sie es, nicht ganz so ausgelassen. „I feel like, in General girls are more welcome“, sagte sie! Dass einer schwangern Frau, einer Mutter, so ein Gefühl gegeben wird, finde ich wirklich schrecklich.
Schwanger sein, Kinder kriegen und haben. Private, intime Momente, die natürlich nach Außen sichtbar sind und somit nicht mehr ganz so intim bleiben (können). Für mich, ein Mensch der seine innersten Gefühle nicht gerne mit Fremden teilt, ist dies also -wieder- eine völlig neue, manchmal befremdliche Erfahrung.
Kristina Dinges
Was für ein berührender Text. Ich bin das erste Mal schwanger und als ich die letzten Zeilen gelesen habe, konnte ich es mal wieder nicht glauben. Ich habe ähnlich „verhaltene“ Reaktionen auf mein Outing bekommen. Ich wäre wohl eher die typische Mädchen-Mama sodass ein Junge für meine Mitmenschen anscheinend gar nicht in Frage gekommen wäre…. Wäre da nicht der süße Fratz in meinem Bauch, der nun doch ein Junge wird! Wir freuen uns sehr über unser erstes Kind und ich hätte auch nie gedacht das es mir so egal sein würde, was es wird. Doch so ist es und ich bin einfach nur glücklich das wir uns bis jetzt ganz gut entwicklen und hoffe einfach das es so weiter geht!
Liebe Grüße Kristina von KDsecret
Sylvia
Sehr spannend wie unterschiedlich die Länder doch sind, würde man irgendwie nie denken.
Da scheint sich die Kehrseite zu zeigen von der Offenheit die ich sonst so mag.
Liebe Grüsse
Sylvia
http://www.mirrorarts.at – Fotografieblog
Nastassia
Das hast du schön geschrieben. Wir haben vor fünf Monaten unseren zweiten Jungen bekommen und ich kann die Reaktionen deiner Kollegin leider nur bestätigen. Von „…diesmal wirds aber hoffentlich ein Mädchen…“ bis „… oh naja, dann könnt ihr wenigstens die alten Anziehsachen nochmal benutzen…“ war alles dabei. Ich fand das immer sehr traurig und hatte fast das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen. Meine Kollegin hat auch zwei Jungs. Sie war eine der wenigen die sich riesig für mich gefreut und gesagt hat wie toll das ist. Von diesen Reaktionen hätte ich mir mehr gewünscht. Aber hauptsache wir sind glücklich mit unseren zwei Kerlchen und das sind wir definitiv. Sie sind beide ganz toll und ich hätte es nicht anders haben wollen ??. Ich wünsche dir noch eine schöne Schwangerschaft und ganz viel Spaß mit den zwei Mädels.
Lg