Sexueller Missbrauch an Kindern:
Ein Gastbeitrag,
dazu Zahlen, Fakten und Präventationsmaßnahmen
Es gibt Artikel, für die setzt man sich nicht unbedarft an den Schreibtisch und schreibt einfach drauf los…
Man setzt sich sich mit mulmigen Gefühl hin und wird mit viel Bedacht versuchen, die richtigen Worte zu finden. Es gibt Artikel, die führen uns vor Augen, dass es manchmal einfach eine sch…Welt ist, in der wir leben.
Dies ist so ein Artikel.
Es geht um sexuellen Missbrauch.
Anlass für diesen Blogpost ist die Zuschrift einer Leserin von Janina {Oh Wunderbar}, den wir auf ihren Wunsch hier zeigen. Es geht um einen sehr persönlichen Bericht, den die Leserin als Gastbeitrag für den Blog geschickt hat. Der Wunsch und die Motivation der Leserin ist dabei vor allem, dass wir Kinder ernst nehmen und sie schützen.
Meine liebe Kollegin Anna von Kinderwärts, die ich sowohl menschlich als auch sehr für ihre Arbeit schätze, hat sich die Zeit genommen, etwas zu diesem so schrecklichen Thema zu schreiben. Neben Zahlen, hat sie Tipps und Literaturempfehlungen. Solltet ihr Anna noch nicht kennen, dann schaut doch gern bei ihr auf Kinderwärts oder bei Instagram vorbei.
Die Erlebnisse einer Leserin:
Sexueller Missbrauch an Kindern
„Ich war ein Kleinkind, als alles begann. Zumindest glaube ich das, denn weiter erinnere ich mich nicht zurück. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, dass er mir das schon als Baby angetan hat.
Meine Großeltern wohnten weit entfernt und auch sonst gab es keinerlei Verwandtschaft in unserer Nähe und so kam es, dass ein befreundetes Paar meiner Eltern gelegentlich auf mich aufgepasst hat. Wobei aufgepasst hier das falsche Wort ist.
Während seine Frau kochte, putzte, sich um den Haushalt kümmerte, sollte er mit mir spielen. Spielen, ja das Wort hörte ich ständig aus seinem Mund. „Du darfst mit IHM spielen.“ Mit „IHM“ meinte er seinen Penis. Ich durfte? Nein, ich musste. Nicht, weil er mich dazu gezwungen hat oder mir gedroht hat, nein, das hat er nie. Einfach, weil es schon immer so war. Schon immer musste ich IHN in die Hand nehmen und mit ihm „spielen“. Und genauso musste ich schon immer meine Hose ausziehen und alles über mich ergehen lassen, was ihm gerade in den Sinn kam. Selbst nackt fotografieren musste ich mich lassen.
Ich war angewidert davon, das war ich schon immer. Während andere Mädchen in meinem Alter Jungs immer eklig fanden, wusste ich wie ekelhaft das andere Geschlecht wirklich ist. Gewehrt hab ich mich dagegen allerdings nie, nie habe ich gesagt, dass ich das nicht möchte. Ich war ein Kind, ich kannte es nicht anders, es war normal für mich. Normal und doch so grausam. Und doch so absurd, dass ich keinem davon erzählt hab. Bis auf das eine Mal.
Mit ca. 5 Jahren konnte ich meiner Mama detailliert beschreiben, wie ein Penis aussieht. Auf ihre Frage, woher ich das so genau wüsste, habe ich gesagt „weil der von … so aussieht“. Und meine Mutter nahm es nicht ernst. Ich war ein Kind mit viel Phantasie, das viele Geschichten erzählt hat. Und diese Geschichte, die so wichtig gewesen wäre, die hat sie falsch eingeordnet.
Da ich in diesem Moment nicht ernst genommen wurde, habe ich nie wieder etwas davon erzählt.
Ich war ein Kind, das immer eine große Klappe hatte, es gab nichts wovor ich Angst hatte, ich hatte ein enormes Selbstbewusstsein und dennoch hab ich das über mich ergehen lassen und mich nicht gewehrt. Warum? Weil ich ein Kind war und nicht wusste, was da passiert. Ich dachte, das muss so sein.
Nie im Leben würde ich meinen Eltern Vorwürfe machen, weil sie es nicht gemerkt haben. Aber dennoch wären sie die einzigen gewesen, die etwas hätten merken können. Ich will euch damit sagen, hört euren Kindern zu, nehmt sie ernst und vor allem tut alles dafür, für eine Beziehung zu sorgen, in der sie wissen, dass sie mit euch über alles reden können.“
Zahlen zum Thema „sexueller Missbrauch an Kindern“
Die schrecklichen Erlebnisse, die die Leserin machen musste, zeigen ein paar ganz typische Faktoren:
Der Täter stammt aus dem nahen Umfeld. In 90 Prozent der Fälle ist der Täter/die Täterin den Kindern bekannt und stammt aus dem sozialen, sehr oft aus dem familiären Umfeld. Viel seltener sind die Fälle, die wir als Bild in unseren Köpfen haben von dem fremden Mann, der Bonbons auf Schulhof verschenkt.
90 Prozent der Missbrauchsfälle finden vor dem 12. Lebensjahr statt.
Sexueller Missbrauch findet in der Regel über mehrere Jahre statt.
Da die Kinder, die missbrauchenden Erwachsenen meistens gut kennen und ihnen vertrauen, müssen die Täter*innen häufig gar keine Gewalt anwenden.
Kinder werden zur Geheimhaltung verpflichtet, indem sie mit Geschenken belohnt, unter Druck gesetzt oder bedroht werden.
Wenn überhaupt, geben Kinder Andeutungen und Hinweise auf die Tat, in der Hoffnung, dass man sie versteht und ihnen hilft.
Etwa jedes 4. Mädchen und jeder 7. Junge wird zum Opfer.
Im Jahr 2015 gab es 11.808 Anzeigen wegen Kindesmissbrauchs, die Dunkelziffer liegt allerdings bei jährlich 300 000 – 400 000 Taten. (Quellen: Hilfeportal-Missbrauch, BKA Studie, Kinderschutz24.ch)
Die Zahlen sollen jetzt keine Panik bei euch auslösen, aber es sind statistische Zahlen, die sehr wichtig sind und sie zeigen auf, wie verbreitet Missbrauch ist.
Wie können wir Kinder davor schützen?
Präventionsmaßnahmen!
Selbstbewusste Kinder, die wertgeschätzt werden und deren Meinung geachtet wird, sind besser geschützt.
In unserer Erziehung und im Kontakt zu unseren Kindern, geht es nicht nur darum Kinder vor diesen „bösen Menschen“ zu warnen und womöglich Angst zu machen. Sondern: vorhandene Stärken von Mädchen und Jungen auszubauen und ihnen zu vermitteln, dass sie ein Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper haben und sich wehren dürfen, wenn dieses Recht verletzt wird.
Das fängt im Kleinen an „Gib der Tante doch mal einen Kuss, oder einen Drücker oder setz dich auf ihren Schoß, sonst ist sie traurig.“ Das sind minimale Überschreitungen, die den Kindern eben kein Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper vermitteln und sogar zusätzlich Druck ausüben. Die Botschaft an das Kind: ich bin dafür verantwortlich, wenn die Tante dann traurig ist, also muss ich es machen, auch wenn ich mich unwohl dabei fühle.
Das gilt auch für Hände schütteln, höflich Guten Tag sagen usw.
Ich verstehe das schon, euch ist die Höflichkeit eurer Kinder wichtig, aber da könnt ihr euch entspannen. Kinder lernen dies früher oder später über euch als Vorbild und übernehmen dieses Handeln und diese Werte automatisch, wenn wir so agieren. Wir müssen und sollten sie keinesfalls dazu zwingen.
Gefühle ausdrücken und Vertrauen in die eigene Gefühlswelt entwickeln
Ich finde das ohnehin etwas, was in unseren Familien und Bildungseinrichtungen vernachlässigt wird. Das erlernen und ausdrücken von Gefühlen.
Wenn Kinder ihre Gefühle kennen und sie ausdrücken können und darin ernst genommen werden, entwickeln sie ein stabiles Vertrauen in die eigene Gefühlswahrnehmung.
Sie können sich so darüber bewusst sein, was sie schön und angenehm finden und können dies einfordern. Kontakte und Taten, die sie aber nicht mögen, verwirren oder komisch finden, können sie auch erkennen und sich dem widersetzen.
Wenn wir zum Beispiel sagen: „Das Essen schmeckt doch, iss es“, „Der Pulli kratzt nicht, zieh ihn an“ „Stell dich nicht so an, das war nicht so schlimm“ vermitteln wir den Kindern, deine Gefühle sind nicht ganz richtig, ich weiß es besser.
Es ist wichtig, dass wir die Gefühlswahrnehmungen und Äußerungen der Kinder ernst nehmen und bestätigen, dass wir es respektieren. Sicherlich gibt es tausend Situationen im Alltag, wo man mit dem Kind gemeinsam schauen kann, wie man nun mit den Wahrnehmungen umgeht. Wenn der Pulli kratzt, können wir dem Kind Auswahlmöglichkeiten anbieten oder ein T-shirt darunter zu ziehen. Ich will damit sagen, es ist absolut wichtig, dass ihr eure Kinder ernst nehmt!!! Kinder sind von Anfang an vor allem sehr kompetent, was die Wahrnehmungen ihres eigenen Körpers angeht und wir dürfen es ihnen nicht wieder abtrainieren, sondern gut begleiten und Bedürfnisse nach Möglichkeit stillen.
Ihr sollt das aber nicht damit verwechseln nun zu Servicekräften für eure Kinder zu werden und euch nicht mehr trauen, nein zu sagen. Kinder lernen nämlich auch dadurch ihre Gefühle und Grenzen kennen, indem sie sehen, dass ihre Eltern auch welche haben und sie deutlich machen. Hier agieren wir wieder als Vorbild. Wenn wir also unsere Gefühle und Bedürfnisse kennen und benennen, sind wir die besten Lehrmeister für unsere Kinder.
Ein paar Buch-Tipps
Um Gefühle kennen zu lernen:
„Heute bin ich“ von Mies van Hout (eins meiner Lieblingsbücher zum Thema)
„Kleine Mädchen, starke Mädchen“ Sabine Seyffert (auch für Jungen)
„Weinen, lachen, wütend sein“ Dagmar Geisler
Und zum Thema „nein sagen“:
„Ich geh doch nicht mit Jedem mit!“ von Dagmar Geisler
„Küssen nicht erlaubt“ Petra Mönter
„Paula sagt nein!“ Cornelia Franz
„Mein Körper gehört mir“ Pro Familia
Wie können wir Hinweise bei Kindern erkennen
Jedes Opfer, jedes Mädchen, jeder Junge erlebt den Missbrauch auf seine Weise und geht damit auf seine Weise um. Von daher ist es schwer, pauschal hier Angaben zu machen.
Was alle Reaktionen gemeinsam haben, es sind Überlebensstrategien der Seele. Sie helfen dem Kind mit dem Erlebten zu leben. Die einen verdrängen, andere entwickeln mehrere Persönlichkeiten, um nur einige Strategien zu nennen.
Hilferufe von Kindern sind gar nicht so leicht zu erkennen. Eine Auffälligkeit alleine kann nicht der Beweis für Missbrauch sein.
Verhaltensauffälligkeiten (immer im Kontext des Alters zu sehen) sind immer ein Zeichen von Kindern. Sie teilen etwas mit, was sie anders nicht ausdrücken können. Die Verdichtung von mehreren Auffälligkeiten und eine plötzliche, unerklärliche Veränderung des Verhaltens können allerdings stark auf Missbrauch hinweisen.
Das eigene Gefühl, dass “etwas“ mit dem Kind nicht stimmt, ist ein wichtiger Wegweiser, um Klarheit zu gewinnen. *
Hinweise 0-6 Jahre:
-Schlafstörungen
-Essenstörungen
-altersunangemessenes sexuelles Spielen, extreme Freizügigkeit
-regressives Verhalten: plötzlich wieder einnässen, Babysprache, Daumenlutschen
-festklammern
-Rückzug
Hinweise im Grundschulalter*:
-aggressives Verhalten und sehr herausforderndes Verhalten gegenüber Erwachsenen
-betont lautes und angstfreies Auftreten
-Haare, Wimpern ausreißen, Haut aufkratzen
-betont unauffälliges, angepasstes, unterwürfiges Verhalten
-totaler Rückzug, Isolation
-plötzlicher Leistungsabfall in der Schule oder übereifriger Ehrgeiz
-Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen
-Bettnässen
-altersunangemessener Kenntnisstand von Sexualverhalten
Hinweise im Jugendalter*:
– Suizidversuche
– Suchtverhalten
– Essstörungen
– Prostitution
– Bettnässen
Körperliche Hinweise können u.a. nicht lokalisierbare Schmerzen im Unterleib, Verletzungen wie auch Entzündungen sein. *
Janina und ich haben uns entschieden, dem Thema hier Raum zu geben
Weil: Wir wollen Kinder schützen. Es betrifft uns alle hinzusehen und Signale in eurem Umfeld wahrzunehmen, sei es familiär, im Freundeskreis, in der Nachbarschaft, im Verein, auf der Arbeit, auf der Straße oder wo auch immer. Wenn du also einen Verdacht hast, ist es wichtig folgendes zu tun: Unbedingt Ruhe bewahren und keine überstürzten Aktionen, das ist vor allem zum Schutz des Kindes wichtig. Wende dich dennoch sofort an eine Beratungsstelle und lass dich von Fachleuten beraten.
Wo finde ich Hilfe?
Unter dieser Nummer 0800-22 55 530 kannst du kostenfrei und anonym anrufen
Sprechzeiten: Mo, Mi, Fr: 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr Di, Do: 15.00 Uhr bis 20.00 Uhr
Diese Seite (https://www.hilfeportal-missbrauch.de/nc/adressen/hilfe-in-ihrer-naehe/kartensuche.html) bietet die Möglichkeit Beratungsstellen per PLZ-Suche in deiner Nähe zu finden. Dort kannst du die Beratungsstelle nach persönlichem Bedarf auswählen.
Du kannst dich zum Beispiel auch beraten lassen, wenn du ein ungutes Gefühl betreffend eines Kindes hast, was du gar nicht gut kennst. Die Beratungsangebote sind nicht nur für Menschen, die unmittelbar oder im direkten Kontakt betroffen sind.
Für Kinder direkt gibt es die bekannte „Die Nummer gegen Kummer“ 116111 montags-samstags 14.00 – 20.00 Uhr anonym und kostenlos.
Wildwasser e.V. gibt es in vielen verschiedenen Städten und ist eine Beratungsstelle für Mädchen ab 12 Jahren.
Vielleicht bist du selbst betroffen und hast bis heute geschwiegen und es ganz ganz nach hinten unter den Teppich gekehrt, auf dem Teppich steht noch ein dicker schwerer Schrank.
Wir wollen dich ermutigen, den Teppich anzuheben und dieses schreckliche Erlebnis Stück für Stück aufzuarbeiten. Und wir wissen, dass es leicht ist das hier einfach so hinzuschreiben. Aber wir wissen auch, dass es Wege für dich gibt und Menschen, die dich begleiten dieses schreckliche Erlebnis aufzuarbeiten.
Als betroffene Frau kannst du HIER einen Leitfaden und Hilfe, wie auch bei der oben genannten Nummer (0800-22 55 530 ) suchen.
Was kann ich noch tun?
Schutz in der Einrichtung meines Kindes
Auch wenn wir nicht betroffen sind, können wir etwas tun.
https://www.kein-raum-fuer-missbrauch.de ist eine Seite bzw. eine Initiative, die ihr allen empfehlen könnt, die beruflich oder in ihrer Freizeit mit Kindern in Kontakt sind. Es gibt eine Verpflichtung für jede Einrichtung (Kita, Schule ohnehin, aber auch der Ballett- und Fußballverein um die Ecke) Schutzkonzepte (https://www.kein-raum-fuer-missbrauch.de/schutzkonzepte/) gegen sexuelle Gewalt zu entwickeln.
Täter*innen suchen vor allem Orte auf, die keine „sicheren Orte“ sind und wo das Team und Umfeld das Thema nicht auf dem Schirm hat. Aber auch hier geht es nicht unbedingt wieder um den fremden Täter, sondern um Menschen, die in Vereinen, Kirchen, Freizeitclubs mitarbeiten, wo sie die Kinder kennenlernen und Vertrauen zu ihnen aufbauen.
Fragt (natürlich wertschätzend und in Ruhe) bei den Gruppen und Vereinen eurer Kinder nach und gebt dieser Thematik so Aufmerksamkeit. Falls sie noch kein Konzept haben, weist sie darauf hin, fordert es ein und gebt ihnen die Anregungen und Adressen weiter.
„Guter Wille allein reicht nicht aus, um Missbrauch zu verhindern. Aber wir können diese Taten verhindern oder früh beenden, wenn wir einen Plan haben: Mit einem Konzept zum Schutz vor sexueller Gewalt können wir Schulen, Kitas, Heime, Kirchengemeinden oder Sportvereine und andere Einrichtungen und Organisationen zu sicheren Orten machen. Orte, die nicht zu Tatorten werden und Mädchen und Jungen Hilfe gewähren, wenn sie dort oder anderswo Missbrauch erleiden. Es gibt keine absolute Sicherheit, sexuellen Missbrauch zu verhindern. Aber zu wissen, was zu tun ist und es nicht zu tun, wäre unverantwortlich und eine Fortsetzung der unerträglichen Kultur des Wegsehens.“ Johannes-Wilhelm Rörig von kein-raum-fuer-missbrauch.de
Das Thema enttabuisieren
Ich (Anna) habe in meiner beruflichen, wie auch in meinem privaten Umfeld schon mehrere Fälle von sexuellem Missbrauch erlebt und Menschen begleitet. Aber immer wieder – auch bei diesem Text der Leserin – erfasst mich eine unglaubliche Ohnmacht und Fassungslosigkeit.
Das ist kein gewöhnlicher Blogpost. Er berührt uns. Wir sind traurig, wir sind wütend, wir sind sprachlos, wir sind ungläubig und hilflos.
Wir wünschen uns mit diesem Text, dass wir euch erreichen. Denn wir sind alle betroffen, auch wenn wir nicht unmittelbar betroffen sind.
Wir können unsere Kinder begleiten und schützen, indem wir sie zu selbstbewussten Kindern heranwachsen lassen, die ein gutes Körpergefühl entwickeln und die lernen nein zu sagen. Wir können das Schweigen brechen und sichere Orte schaffen. Indem wir das Thema enttabuisieren und in unseren Freundeskreisen, auf unseren Arbeitsplätzen, Spielplätzen, Mütterkursen und auf unseren Social Media Plattformen darüber sprechen. Wir können uns beraten lassen, wo wir unsicher sind, ob da vielleicht ein Fall vorliegt.
Der Text ist nur ein ganz kleiner Tropfen auf den heißen Stein und erhebt vor allem keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist ein riesiges Thema und man könnte noch so viel sagen, noch mehr zum Thema Sexualerziehung, noch mehr zum Thema Gewalt an sich, noch mehr zu den rechtlichen Hintergründen, noch mehr zum Thema Prostitution von Kindern und den Umgang mit Medien. Aber wir belassen es für diesen Blogpost dabei.
Bitte wendet euch bei diesem Thema immer an Fachmenschen, es gibt zum Glück mittlerweile ein riesiges Angebot an vielen guten Beratungsstellen.
Wir wünschen vor allem der Leserin an dieser Stelle alles Liebe und danken dir für den Mut, deine Geschichte geteilt zu haben und dass du dich dafür einsetzt, dass Kinder erst genommen werden!!
Anna und Janina
Weitere Buchtipps:
Für eure Kinder:
„Ich dachte, du bist mein Freund“ Marie Wabbes
„Mein erstes Aufklärungsbuch“ Dagmar Geisler
Für Eltern:
„Mutig fragen – besonnen handeln.“ Broschüre des Bundesministeriums – kostenlos zum downloaden (https://www.bmfsfj.de/blob/94394/a9b99035fa00325ee4848f6517b9cbf1/mutig-fragen-besonnen-handeln-data.pdf)
„Anpfiff. Gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Jungen: Ein Aufklärungsbuch für Jugendliche und Erwachsene“ Simon Gensichten
„Gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen“ Ratgeber für 2,20€ zu bestellen hier (http://www.ajs.nrw.de/shop/gegen-sexuellen-missbrauch-an-maedchen-und-jungen/)
*“Sexueller Missbrauch an Mädchen und Jungen“ Solveig Braecker (leider nur noch antiquarisch, ich finde es sehr gut).
„Zart war ich, bitter war´s“ Ursula Enders
Janina
DANKE!
Danke, dass ihr dieses Thema aufgreift!
Es ist so wichtig darüber zu sprechen und dieses Tabu zu brechen!
Es passiert so oft…
Die Mitmenschen um einen herum bekommen es nicht mit.
Man lernt es zu verstecken.
Man lernt seine Gefühle abzustellen.
Man lernt völlig zu erstarren.
Es zerreißt einem die Kinderseele.
Es bricht einen für immer.
Doch durch die Öffentlichkeitsarbeit und das Aussprechen, lernt man, dass man nicht alleine ist und genau das ist wichtig.
Nicht die Opfer müssen sich schämen! ❤
LG
Jenny
Hallo ihr beiden ,
Ein wirklich hilfreicher Artikel zu diesem traurigen Thema . Danke für die tollen Tipps .
Ich habe in der Mutter Kind Kur eine Mama kennengelernt deren Tochter vom Nachbar sexuell missbraucht wurde . Dieses Thema war früher sehr weit von mir weg ….
Ich möchte einfach nur danke sagen für diesen sehr guten und hilfreichen aber auch traurigen Artikel . Liebe Grüße
Kati
Hallo Janina,
ich finde es toll, dass du so ein wichtiges Thema für einen Post ausgewählt hast.
Wenn (vor allem kleinere) Kinder bei ärztlichen Untersuchungen unbeteiligt wirken und alles über sich ergehen lassen oder wenn sie distanzlos jeden Fremden anlächeln oder gleich auf den Arm, wollen – das deutet auch auf Missbrauch hin.
Wichtig ist auch, dass wir als Eltern Auge und Ohren offen halten, Verantwortung übernehmen und handeln, wenn wir etwas bemerken, damit dem Kind geholfen werden kann – auch, wenn es sich nicht um das eigene Kind handelt.
Ebenso bei Misshandlung. Ich lese gerade „Deutschland misshandelt seine Kinder“ von Tsokos/Guddat und kann das Buch sehr empfehlen.
Wir haben gerade mit unserem Kind ein Sicherheitstraining absolviert (google mal nach „Engel Sicherheitstraining“) – ich kann den Kurs wärmstens empfehlen, es hat der gesamten Familie sehr viel gebracht und stärkt auch den Zusammenhalt und die Kommunikation. Meiner Meinung nach sollte jede Familie so einen Kurs besuchen.
Liebe Grüße und alles Gute für die letzten Wochen der Schwangerschaft 🙂
Kati
Waldt
Hallo ihr Lieben, ich habe eine Gänsehaut beim Lesen. Wie ihr schon schreibt – man fühlt sich hilflos. Da draußen – beim Einkaufen, Bummlern, Spielplatz, Straßenbahn – wie viele betroffene Kinder mögen einem da schon begegnet sein. Ich danke euch für den Mut, dieses Thema ein weiteres Stück zu enttabuisieren. Vielleicht rüttelt es manche wach, die diesen Beitrag lesen und wissen, dass sie außergewöhnliches Verhalten ihres Kindes bisher mit Pappalerpapp abgetan haben. Vielen Dank für den Mut der Leserin für diese offenen Worte – alles Gute für Sie.
Chris
Respekt an euch beide dass ihr dieses Thema aufgreift. Natürlich hab ich direkt einen Kloß im Hals beim lesen und wollte ich es erst nicht lesen um dieses Gefühl zu vermeiden. Aber wegschauen will ich nicht dafür ist mir das Thema zu wichtig.
Darum auch ein dickes Dankeschön, dass Mal jemand drüber schreibt.
Amy
ich sitze auf dem Sofa & muss weinen. Diese Zahlen sind unerträglich.
Ic
Isabel
Hallo, ich habe diesen Beitrag schon heute Vormittag gelesen und den ganzen Tag überlegt ob und was ich dazu schreiben möchte. Liebe Janina, ich lese deinen Blog jetzt schon seit über 2 Jahren regelmäßig und still und fühlte mich bei einigen Posts motiviert etwas zu schreiben, habe es aber nie getan. Heute möchte ich das ändern. Ich selber hätte mir gewünscht, dass in meiner Kindheit offener über dieses Thema gesprochen worden wäre, dass Eltern, Erzieher, ach eigentlich alle Menschen die mit einem Umgang hatten, einmal mehr hingesehen hätten. Es ist nicht geschehen. Umso wichtiger ist Aufklärung. Ich habe mir schon oft gedacht, dass Betroffene viel mehr Öffentlichkeitsarbeit leisten sollten. Das Problem daran ist leider, dass viele dazu weder die Kraft, den Mut, die Energie aufbringen können. Ein weiteres Problem sehe ich auch darin, dass so wirklich keiner daran denkt, wirklich daran denkt, dass traumatisierte Kinder eines Tages keine Kinder mehr sind und sich als Erwachsene durchs Leben kämpfen müssen, ohne den gesunden Rückhalt und Erfahrungen der Kindheit. Es fehlt so viel. Die Schwierigkeiten die sich daraus ergeben, werden viel zu oft und von den meisten unterschätzt. Ich habe die Hoffnung, wenn stärker bekannt wäre, wie es dem Erwachsenen mit solchen Kindheitserlebnissen ergeht, würde der ein oder andere vielleicht doch etwas intensiver bei Verdachtsmomenten hinschauen und auch die „Gefahr“ eingehen, dass sich der Verdacht nicht bestätigt und er selber dafür eventuell sogar angegriffen wird. In dem Text ist die Rede, dass es vernachlässigt wird, den Kinder beizubringen ihre Gefühle auszudrücken. Stimmt absolut. Wie sollen aber auch die sogenannten Erwachsenen es den Kindern beibringen, wenn sie es selber nicht können? Dazu braucht es Wörter, keine verallgemeinerte Sprache. Man schaue sich doch nur die meisten Blogs an, Youtube Kanäle, die Sprache wird doch immer mehr vereinheitlicht, es wimmelt nur so von „Und Ähm“, „Mega“, „Das ist doch der Hammer“ usw. Mal abgesehen davon, das Gefühle zeigen, zu ihnen stehen in der heutigen leistungsorientierten Gesellschaft oft als Schwäche ausgelegt wird. Man muß stark sein, man kommt mit allem und allen klar, man ist umgänglich, flexibel und kann sich anpassen. Gefühle werden doch immer weniger gefragt. Aber ich schweife ab, wobei ich hoffe, dass der Zusammenhang herausgelesen werden kann. Euer Beitrag ist so enorm wichtig und ich fände es sehr schade, wenn er unter den vielen anderen Beiträgen auf Janinas Seite untergehen würde. Die Internetwelt ist so schnelllebig, zwei, drei andere Beiträge mit weniger belastenden Themen und dieser verschwindet oder geht unter. Für den Moment aufgerüttelt und längerfristig dann wieder vergessen. Ich danke euch für den Mut, diese Zeilen geschrieben zu haben und wenn nur einem einzigen Kind dadurch geholfen werden könnte, hättet ihr Großes vollbracht. Alles Gute euch und euren Familien
K.M.
Es wäre schön und mehr als wünschenswert, wenn man wirklich Hilfe bekäme. Dem ist nur leider oft nicht so. Traumatherapeuten sind selten und noch mehr als andere Therapeuten überlaufen. Wartezeiten von mehr als zwei Jahren sind nicht ungewöhnlich. Psychiatrien gibt es auch nicht in jeder Stadt. Auch dort gibt es lange Wartelisten.
Ersthilfe und Anlaufstellen gibt es, aber danach muss man selbst sehen, wie man Hilfe bekommt. Das ist als Traumapatient ein sehr schwieriges Unterfangen.
Ach ja, was auch noch toll ist und leider selbst erlebt:
Im Rehabericht für die DRV und Krankenkasse, wird der Missbrauch nicht genau bezeichnet, weil ich weder Beweise noch ein Gerichtsurteil habe. Schließlich wäre es doch Rufmord und Verleumdung, wenn ich so etwas meinem Vater unterstelle.
Mehr Zynismus geht nicht!
Wer hätte als Kind für mich klagen können? In der Praxis niemand.
Eigentlich geht die schlimmste Zeit erst los, wenn man sich wieder erinnern kann.
Dann bräuchte man Hilfe und zwar sofort und nicht erst in ein paar Jahren Wartezeit.
Sabine
Liebe Janina, liebe K.M.,
ich bin eher das stillere Wesen und lese den Blog Ab und An. Nicht alles betrifft mich, dafür dieser Beitrag umso mehr. Ich habe mehrere Jahre mit der Aufarbeitung der gesamten Geschehnisse hinter mir und immer noch vor mir. Mein Körper knipste kurz vor meinem jur. Staatsexamen das Licht aus, ich hatte alle Scheine in der Tasche, konnte aber meinem Zerfall zusehen. Ich habe lange Zeit alles verdrängt, nach vorne geschaut. Bis es mich einholte. Ich bin wieder auf dem Besten Weg einen Umgang damit zu finden. Ich schäme mich aber nach wie vor, wenn ich mit einer komplexen Posttraumatischen Belastungsstorung andere Menschen um mich herum konfrontiere. Ich finde den Beitrag wirklich wichtig, da auch ich bemerke, dass ich versuche es nicht jedem auf die Nase zu binden. Aber nur weil ich nicht in einem Rollstuhl sitze und man es mir nicht ansehen mag, kann man mir doch glauben, dass ich die Geschehnisse nur ganz schwer bearbeiten kann. Es ist nur eine Seite der Medialle, wenn sich nahe stehende Menschen entfernen, weil du zugibst dir sei „so etwas“ passiert. Schlimm genug. Der andere Teil ist, dass sich auch Ärzte schwer tun. Mir ging es im Jahre 2014 sehr schlecht und wurde von Ärzten abgelehnt, weil ich doch ganz fit aussehen würde und ich mich nicht „so haben“ soll. Es kostet viel Überwindung und Kraft Ärzte zu „überzeugen“, dass es einem wirklich passiert und wirklich schlecht geht. Die Gesellschaft ist mE. Immer noch nicht soweit hin zu schauen. Ich bin sehr vorsichtig und langsam in meinen Schritten an die Öffentlichkeit zu gehen. Mein Name ist auch hier geändert, nur die Bloggerin selbst sieht eine wirklich bestehende E-Mail Adresse. Man wird für Taten für welche man nichts, überhaupt nichts kann völlig an den Rand der Gesellschaft gezogen. Auch das es hier nicht viele Kommentare (vielleicht noch nicht) gibt zeigt mir, wie tabuisiert das Ganze ist. Ich wünsche mir kein Mitleid, kein „wird-schon-wieder-Kopfstreicheln“ oder dergleichen. Ich wünsche mehr Akzeptanz und vor allen Dingen mehr mit einem wachsamen Auge durchs Leben zu gehen. In meinem ganz persönlichen Fall war ich klein, still und einfach nur schwach, weil ich den Mund zu halten hatte. Alle um mich herum, seien es Verwandtschaft oder Institutionen haben zugeschaut, meine blauen Flecken und traurige Augen gesehen und nichts getan außer mir zu sagen „Ach, gehts dir nicht gut? Dann geh doch nach Hause!“ Genau dahin zurück geschickt, wo ich niemals mehr hinwollte aber zurück musste.
K.M.
Sabine,
Du sprichst mir aus der Seele! Danke dafür. Ich habe es leider auch so erlebt. Oft habe ich es so empfunden, dass einem ein zweites Mal ein Trauma zugefügt wird, wenn man nicht ernst genommen wird oder auch abgewiesen und ausgegrenzt wird, weil man so anders und in manchen Dingen und Phasen schwierig ist.
Liebe Sabine, ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns per Email austauschen könnten.
Liebe Grüße und nochmals Danke
Kerstin
Isabel
Liebe Sabine, im Grunde genommen möchte sich kaum jemand wirklich mit diesem Thema beschäftigen. Für andere Menschen ist man anstrengend und ich habe auch immer wieder den Eindruck, als hätten sie Angst, dass etwas von den eigenen psychischen Instabilitäten auf sie überspringen könnte, als hätte man eine ansteckende Krankheit. Was ich leider auch schon erleben mußte, war der Satz: „Oh, das ist ja spannend, erzähl mal.“, ja, wirklich sehr spannend, nur leider ist es für mich Realität und keine spannende Geschichte, die man mal eben zum Besten gibt.
Sabine, du schreibst, dass du kein Mitleid möchtest und dir mehr Akzeptanz wünschst, dem möchte ich gerne zustimmen. Auch die Akzeptanz dafür, dass es Menschen gibt, die auf Grund ihrer Erlebnisse anders sind, sich nicht normen lassen. Zum Thema Ärzte: Es ist schwer einen wirklich guten Arzt zu finden, sei es ein Neurologe oder auch ein Psychologe. Von den langen Warztezeiten auf einen Termin mal ganz abgesehen. Traurig finde ich es auch immer wieder mitansehen zu müssen, wenn Betroffene von einem Arzt zum anderen gehen, immer in der Hoffnung, dass der nächste ihnen helfen könnte, dass es ihnen irgendwann besser geht. Um dann eines Tages zu verstehen, dass man sich zwar bis an einen bestimmten Punkt „heranarbeiten“ kann, man aber nie „geheilt“ werden wird. Man läuft lange, viele Jahre einer Illusion hinterher. Was mir selber sehr hilft ist zu akzeptieren, dass ich wegen der Erlebnisse anders bin und auch schon immer war und nicht mehr versuche mich anderen Menschen anzupassen. Das habe ich meine ganze Kindheit, meine Jugend und meine frühen Erwachsenenjahre getan. Ich hatte es schon in meinem ersten Beitrag angedeutet, wie wichtig es sein könnte, dass Betroffene an die Öffentlichkeit gehen. Das Schweigen der Kindheit ablegen, auch auf die Gefahr hin, dass man wieder enttäuscht wird, dass die Reaktionen nicht so ausfallen, wie man es sich vielleicht erhofft und wünscht, dass man auf Ablehnung stößt. Man möchte sich selber schützen, aber ich denke, man trägt auch eine gewisse Verantwortung in sich. Und wer, wenn nicht wir, die die es erleben mußten, sollte wirklich darüber reden können?
Nana & Nully
Danke für den ausführlichen Bericht und die vielen Tipps für Prävention.
Es ist wichtig, seine Kinder immer ernst zu nehmen und ihnen zuzuhören, egal wie viel man gerade zu tun hat. Leider tun viele Eltern es immer noch als unwichtig ab, wenn das Kind etwas auf dem Herzen hat.
Die Tage hat mich der Schlag gegen den Kinderpornoring „Elysium“ sehr schockiert und beschäftigt – besonders die Mitgliederzahl von 90.000 Menschen und die Tatsache, dass in einem der Foren sogar schon bei einem Ungeborenen ein künftiger Missbrauch geplant und besprochen worden ist. In was für eine fürchterlichen Welt leben wir, was sind das für Menschen.
Es ist toll und anerkennenswert, dass Ihr das Thema so aufgreift und ich hoffe, dass Euch viele folgen werden.
Das Thema muss viel öfters in den Medien auftauchen, damit die Menschen wachgerüttelt werden und erkennen, wie hoch die Dunkelziffer wirklich ist und eventuelle Andeutungen oder Verhaltensauffälligkeiten der eigenen Kinder nicht mehr als Schnickschnack oder Laune/Phase abtun, sondern ihre Antennen für diese Dinge sensibilisieren und dementsprechend reagieren.
Viele liebe Grüße
Persönliche Verantwortung übernehmen: Wir sorge ich gut für mich selbst? – KinderwärtsKinderwärts
[…] (Übrigens ein ganz wichtiges Thema im Bereich Prävention und Kinderschutz, wozu ich grad erst einen Artikel geschrieben […]
Im Gespräch mit Christian Rommert: Über sichere Orte für Kinder und Ressourcen – KinderwärtsKinderwärts
[…] Artikel von mir zum Thema Sexueller Missbrauch an Kindern findet ihr hier. Dort gibt es einen Erfahrungsbericht einer Leserin (Triggerwarnung), Fakten und Zahlen, Buchtipps, […]
Pauline
Liebe Janina, vielen Dank für diesen Text zur Sensibilisierung deiner Leser. Beruflich hatte ich auch schon mit einigen Betroffen, die nun ältere Erwachsene sind, zu tun. Sie sind höchst traumatisiert und kämpfen leider dennoch gegen Windmühlen, weil sie bei Ärzten, Therapeuten, Gerichten, DRV, etc. nicht wirklich „gehört“ werden.
Ich wünsche uns allen Mamas, dass wir unsere Kinder schützen können und sie niemals so etwas erleben müssen!
Janina
Liebe Pauline,
ich kann mir vorstellen und weiß es auch, dass Menschen ein Leben lang kämpfen und dieses Trauma nur schwer überwinden können. Wie auch.
Es ist einfach unvorstellbar. Ich wünsche mir mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema, mehr Achtsamkeit, mehr Aufklärung!
Und wenn wir alle nur ein kleines wenig mehr hinschauen, weil wir wissen, worauf wir achten müssen, dann ist vielleicht schon ein wenig gewonnen.
Ich danke dir sehr für deine Worte!
Janina
Katja
Lange habe ich jetzt überlegen müssen, was ich sagen soll. Ob ich lieber nichts schreibe, denn „das tun ja die anderen“. Aber ist nicht jede Wortmeldung eine kleine Hilfe, Wertschätzung, ein unabdingbares Zeichen, dass gerader dieser Post aktuell und wichtig ist?!
Ja, auch ich bin betroffen. Ich wurde – beginnend als Kleinkind – jahrelang von einem Mann in der Nachbarschaft „angefangen“ und missbraucht. Meine liebevolle aber mit 4 Kindern oft überforderte Mutter merkte nichts an mir. Oft hab ich mir gewünscht, es „findet jemand heraus“. Beendet wurde diese schreckliche Zeit durch einen zufälligen, aber rettenden Umzug.
Verhaltensstörungen hatte ich viele. Ich war angstbesetzt und extrem schüchtern. Ich hatte schreckliche Schlafstörungen, Panikattacken, fühlte mich nie sicher. Ich nässte bis weit in die Schulzeit jede Nacht ein und riss mir die Haare büschelweise aus, so dass ich sie raspelkurz wie Junge tragen musste. Ich hasste mich selbst, fand mich ekelhaft und abstoßend und hielt meine Erlebnisse bald nach dem Umzug für meine perversen und kranken Gedanken und Träume – aber nicht für die Realität.
Meine Eltern sahen besorgt meine Probleme, auch im Kontrast zu meinen Geschwistern. Sie stellten mich Psychologen vor, mit denen ich einmalige Gespräche hatten, in denen ich nach meinen Sorgen und Problemen gefragt wurde und die ich natürlich (aus meiner kindlichen Sicht) „abblitzen“ ließ. Wie sollte ich denen vertrauen – außerdem hätte ich damals außer meinem massiven Selbsthass nichts benennen können.
Meinen Angststörungen MUSSTE ich mich stellen, als ich mit 17 Jahren allein wohnte. Es geschah in den Nächten, in denen ich mit rasendem, angsterfüllten Herzen in meinem Bett saß, die Tür anstarrte mit einem Messer in der Hand, da ich überzeugt war, „geholt zu werden“. Ich kämpfte in diesen Nächten so sehr mit mir selbst und ließ plötzlich den Gedanken zu, ich könne einen Grund haben für meine Angst, für mein Sein, mein Fühlen. Ich stellte mir selbst fragen, versuchte mich zu erinnern… den Ekel beiseite zu schieben und traf mich mit meiner Mutter, um ihr Fragen zu stellen. Zu erfragen, ob es diesen Mann gibt, von dem ich geglaubt habe zu träumen. Meine Mutter und ich weinten viel bei diesem ersten Gespräch, denn es zeichnete sich nach all den Jahren schnell ein Bild von dem, was geschehen war. Die Erinnerungen erschlugen mich fast, taten so unendlich weh. Eine Zeit lang schien es noch schlimmer zu werden. Doch endlich konnte ich so etwas wie Milde und Verständnis für mich entdecken.
Ich begann ein pädagogisch-psychologisches Studium und arbeite heute intensiv mit Kindern, die Probleme mit Emotion und Sozialverhalten haben. Ich sehe Positives in allem, was geschehen ist – für wieviele Jungs und Mädels konnte ich erstmals eine verständige Person sein, jemand, an den sie sich zuverlässig binden können, der sie nicht aburteilt, sondern „hinsehen“ möchte. Diese Form der Empathie habe ich wahrscheinlich nur, weil ich selbst so ein Kind, so eine Jugendliche war. Ich kann diese eine, resilienzfördernde Person für „meine“ Schützlinge sein und kann inzwischen grundsätzlich über mich sagen, dass ich mich wertschätze, mich verstehe, mich annehme.
So, eins von 4 Mädchen erwischt es. 1 von 7 Jungen. Also möchte ich sagen: lasst euch nicht abschrecken! Einmal nachfragen reicht nicht. Seid zuverlässige, beständige, berechenbare Felsen in der Brandung für eure Kinder, Schüler, Nachbarkinder, Kinder von Bekannten usw.. nur eine sichere Bindung kann retten und schützen.
Danke an alle, die bis hierhin gelesen haben 😉
Eure Katja
Janina
Liebe Katja,
mir tut es so unfassbar leid, dass du all das erleben musstest. Ich habe kaum Worte, so traurig macht mich das.
Wie stark du bist und jetzt sogar Kinder hilfst. Ich danke dir, dass du Dir die Zeit genommen hast, diesen Kommentar zu schreiben und die Leserinneren hier teilhaben lässt. Vielleicht können deine Worte ermutigen, ganz sicher sogar.
Danke!
Herzliche Grüße an dich, liebe Katja
Janina