Ihr Lieben, heute erwartet euch die wirklich tolle Gastkolumne von Verena, ihr findet sie HIER auf Instagram. Verena erzählt  euch von ihrem ganz persönlichen Weg zu ihrem Traum-Studium. Seid gespannt, lehnt euch zurück und genießt. 


Mein Weg zum Studium


Manche wissen schon recht früh, was sie werden möchten. Manch einer entwickelt während seiner Schulzeit einen Berufswunsch. Und manche wissen nach dem Abschluss noch nicht recht, welcher Beruf für sie geeignet sein könnte. 


Ich gehöre zur ersten Gruppe. Im zarten Alter von fünf Jahren, gerade eingeschult, entschloss ich mich dazu Grundschullehrerin zu werden. Meinem Grundschulfreund zuliebe überdachte ich diese Entscheidung noch einmal und war mindestens ein halbes Jahr sehr sicher, dass ich doch lieber Feuerwehrfrau werde, um mit ihm zusammen in einem Feuerwehrauto umher fahren zu können. Nun ja, als die Trennung da war, war nicht nur meine Unabhängigkeit, sondern auch mein eigentlicher Berufswunsch zurück. In der Grundschule fiel mir die Schule noch recht leicht, bis auf Mathe, und die Gymnasialempfehlung bekam ich locker. Doch gleich in der 5. Klasse, ich werde es nie vergessen, kam der erste Dämpfer: Die einzige 4 in der Mathearbeit und somit die schlechteste Arbeit der Klasse. Heulend stand ich vor meiner Mutter, voller Selbstzweifel, ob ich das in Zukunft alles schaffen werde. Mathe sollte auch im weiteren Verlauf nicht zu meinen Lieblingsfächern werden. 

Ab der 8. Klasse wollte ich dann bis zur 12. Klasse jedes Jahr freiwillig die Klasse wiederholen. Entweder gab es einen blauen Brief in Mathe. Oder in Latein. Oder in beiden Fächern. Das war manchmal ganz schön zermürbend. Aber zum Großteil war ich auch selbst schuld. Ich bin schon immer lieber mit Freunden weggegangen, habe gelesen, ferngesehen, als zu lernen. Als dann tatsächlich die Abiturprüfungen vor der Tür standen, dacht ich nicht nur einmal, dass ich das nicht schaffe. Meine Nerven lagen teilweise echt blank. Die schriftlichen Prüfungen liefen auch wirklich nicht mehr schlecht als recht, weshalb ich in den mündlichen Bestehensprüfungen hatte. Hippie, da war doch gleich weniger nervös. Mit viel Fleiß und Anstrengung brachte ich, mehr und weniger, erfolgreich auch diese hinter mich. Die Stunden nach der letzten Prüfung bis zur Verkündung, ob man es geschafft hatte, haben mich bald wahnsinnig werden lassen. Es waren eigentlich nur vier Stunden.. Es hat sich angefühlt wie vier Tage. Ich kann mich bis heute an die Worte des Schulleiters erinnern: „Joa, wenn ich hier so umher blicke, hat aus dieser Runde jeder das Abitur geschafft!“. Zuerst war ein Moment Totenstille und dann habe ich nur noch vor Freude geschrien! Es war mir so egal, dass alle irritiert geguckt haben, ich hatte es geschafft! Nicht besonders gut, mit einem Schnitt von 3,2, aber egal – Abitur ist Abitur. Das sehe ich auch noch bis heute so, dass diese Note relativ egal ist. Als es dann allerdings an die Bewerbungen für das Studium ging war ich relativ schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Mit über einer Note unter dem geforderten Schnitt hagelte es zunächst nur Absagen. Gar nicht mal so leicht zu akzeptieren, wenn man doch schon genau weiß, was man werden möchte und es auch keine andere Option gibt. War ich damals noch sehr deprimiert, war es rückblickend gesehen das Beste, was mir hätte passieren können..

Als die erste Absage ins Haus flatterte war ich irgendwie überrascht. Insgeheim, ganz unbewusst, hätte ich wohl gehofft, dass irgendwie alles gut werden würde. Dass ich trotz miesem Abitur einfach mit einem Studium starten könnte. Hätte ich zu dem Zeitpunkt gewusst, dass ich noch weitere drei Jahre warten werde, ich weiß nicht, ob ich nicht aufgegeben hätte. Zunächst jobbte ich ein halbes Jahr so vor mich hin, bis mir das einfach zu wenig wurde. Ich hatte das Gefühl mein Gehirn rostet ein und ich muss endlich was in Richtung beruflicher Zukunft in Angriff nehmen. Ich bewarb mich zum Sommersemester 2010 an einer Uni in der Nähe für Soziologie als Hauptfach und Erziehungwissenschaften als Nebenfach, ging brav zur Einführungswoche und einigen Seminaren. Richtig mit Herz und Leidenschaft war ich aber nicht bei der Sache. Durch Zufall ergab sich einen Monat später, dass ich zum Sommer hin ein Freiwilliges Soziales Jahr an meiner alten Grundschule anfangen konnte. Alles klang besser, als dieses langweilige Studium und so brach ich dieses ab und stürzte mich in ein neues Abenteuer. So richtig informiert hatte ich mich allerdings nicht und so erfuhr ich erst zwei Tage vorher, dass es meine Aufgabe sein wird, Kinder mit Behinderung im Schulalltag und während des Nachmittags zu betreuen. Da überschlugen sich meine Gedanken komplett. Wurde ich vorher gefragt, ob ich mir statt Grundschullehramt nicht auch Förderschullehramt vorstellen könnte, habe ich immer strikt verneint. Kinder, generell Menschen, mit Behinderung, dass, so dachte ich, ist so gar nicht für mich. Trotz tausender Gedanken in meinem Kopf, startete ich zwei Tage später mein FSJ. Noch nicht wissend, dass es arbeitstechnisch, erfahrungsmäßig und entwicklungstechnisch das beste Jahr meines Lebens werden sollte. Ich war in verschiedenen Klassen eingesetzt, betreute Kinder mit Trisomie 21, Autismus, Lernbehinderungen, Entwicklungsverzögerungen und körperlichen Beeinträchtigungen. Auch zu den anderen Kindern hatte ich viel Kontakt, da an dieser Schule gesunde und behinderte Kinder gemeinsam beschult werden. Insgesamt war ich in 3 – 4 Klassen regelmäßig eingesetzt, außerdem in der Frühbetreuung für die Kleinen und der Nachmittagsbetreuung für die Großen, wo ich eine eigene Hausaufgabengruppe hatte. Mir hatte bis zu diesem Jahr noch nie etwas so viel Spaß gemacht und so viel gegeben. Hatte ich vorher gedacht, dass diese Arbeit gar nichts für mich ist, habe ich gemerkt, dass es mehr als die richtige Arbeit für mich ist. Manche sind glücklich, wenn sie einen Beruf gefunden haben, ich wusste in dieser Zeit genau, dass ich auf dem richtigen Weg zu meiner Berufung bin. Als das Jahr zu Ende ging und die Abschiede anstanden, ich glaube ich habe noch nie so viel geheult, weil mir ein Abschied so schwer fiel. Die Kinder, die  Kollegen, das Umfeld – einfach alles hatte perfekt gepasst. Auch im Anschluss an dieses tolle Jahr sollte ich noch keinen Studienplatz bekommen, weshalb ich ein Praktikum als Integrationshelferin begann. Dies ging insgesamt neun Monate lang und ich war in dieser Zeit in einer Grundschule am Vormittag und diversen Kindertagesstätten am Nachmittag beschäftigt.

Das Praktikum hat mir gezeigt, dass es leider nicht an allen Schulen so toll läuft, wie an der, wo ich mein FSJ gemacht habe. Hier wurden die Integrationskinder eher exklusiv statt inklusive behandelt, was mir das ein oder andere Mal einen Stich im Herzen versetzt hat, weil ich nicht verstehen konnte, wie Kinder so ausgeschlossen werden können. Jedoch habe ich auch hier wertvolle Erfahrungen sammeln dürfen und einfach versucht, mein Bestes zu geben. Egal wie schwierig die äußeren Umstände waren. In den Kindertagesstätten lief es zum Glück weitaus besser, worüber ich sehr froh war. Während des Praktikums bekam ich den Tipp, mich an meiner jetzigen Universität für Erziehungswissenschaften zu bewerben, da der Schnitt nicht so hoch wie bei Grundschullehramt war, aber man sich doch einiges abrechen lassen konnte. Mit einem 11,00 Euro Expressbrief, einen Tag vor Fristende, schickte ich meine Bewerbung los. Typisch ich, alles auf den letzten Drücker. Ich hatte die Bewerbung schon wieder vergessen, als die Zusage Sommersemester 2012 ins Haus flatterte. Da war ich mir noch nicht bewusst, was genau das zu bedeuten hatte..

Ich habe die Zusage damals nicht mal selbst aufgemacht, sondern meine Mutter, die mich sofort ganz aufgekratzt anrief. Im ersten Moment war ich verwirrt, weil ich es wies gesagt schon vergessen hatte. Nach einiger Recherche im Internet, was man so mit Erziehungswissenschaften anstellen kann (quasi alles), stand fest: Das mach ich!

Ich bastelte also an meinem Stundenplan und wäre am liebsten verzweifelt. Die Seminarplätze wurden größtenteils ausgelost und ich bekam einfach keinen einzigen. Das wollte ich so aber nicht hinnehmen, da ich meiner Meinung nach schon lange genug gewartet hatte und begann meinen Bettelzug durch sämtliche Seminare. Mit Erfolg! Am Ende hatte ich einen vollen Stundenplan und jedes Seminar, dass ich vorher wollte. Hartnäckigkeit zahlt sich manchmal eben aus. Insgesamt waren die Seminare auch wirklich gar nicht so schlecht und ich fand Gefallen an dem Studium. In den Vorlesungen bekam ich mit, dass auch sehr viele Lehramtsstudenten in den gleichen Veranstaltungen wie ich saßen. Nach dem ersten Semester hatte ich das alles mit dem Umschreiben, neu bewerben irgendwie verpeilt, nicht verstanden, was auch immer und entschloss mich einfach, noch ein weiteres Semester Erziehungswissenschaften zu studieren und anschließend einen Wechsel zu Grundschullehramt zu versuchen. Ich stellte also meinen zweiten Stundenplan zusammen, bekam wieder keine Seminare, erbettelte sie wieder und begann das zweite Semester. Etwa in der zweiten Woche saß ich in einem Seminar und wartete mit meinen Kommilitonen auf die Dozentin, die sich arg verspätet hatte. Gerade als sie reinkam, klingelte mein Handy. Super Timing! Ich ging zunächst nicht ran, weil es „nur“ eine Freundin war und ich dachte, dass es bestimmt auch reicht, wenn ich nach dem Seminar anrufe. 30 Sekunden später bekam ich von genau dieser Freundin allerdings noch eine Nachricht hinterher geschickt: 

„Ruf sofort diese Nummer hier an! Es gib noch zwei Plätze für Grundschullehramt!“

Erst einmal war ich wie erstarrt und rannte mit dem Handy und Studiticket bewaffnet auf den Flur, um SOFORT diese Nummer anzurufen. Ich kann mich bis heute an das Gespräch erinnern, was in etwa so ablief:

Ich (mit überschlagener Stimme): „Hallo, mein Name ist Verena F. und ich habe gehört, es gibt noch zwei Plätze für Grundschullehramt, bin ich da bei Ihnen richtig ist noch einer frei?!?!“

Mann: „Ja, das sind sie, und ja, es gibt noch einen Platz. Wollen Sie den haben?“

Ich: „JAJAJAJA, ich bin an der Uni gerade, soll ich irgendwohin kommen? Ich kann überall hinkommen, das ist kein Problem!“

Mann: Ach, Sie sind schon eingeschrieben? Geben Sie mir mal Ihre Matrikelnummer!“

Ich: „XXXXX“

Mann: „Okay, und welches Drittfach möchten Sie?“

Ich: „Katholische Religion“.

Mann: „Alles klar, ich habe Sie gerade umgeschrieben. Sie studieren jetzt L1 (Grundschullehramt). Gehen Sie am besten zur Stundenplan-Sprechstunde zu Frau Soundso. Schönen Tag noch!“

Ich: „Waaaaaah, ok – danke, danke, danke, tschüüüüß!“

Und dann habe ich erst einmal geschrien. Und geweint. Und gelacht. Und bin rumgesprungen. Und irgendwie alles gleichzeitig. Zwei Wochen nach Semesterbeginn, fünf Minuten Telefonat und ich war da, wo ich seit so vielen Jahren des Wartens hinwollte. Das war ein unbeschreibliches Gefühl. Ich habe mich so gefreut wie selten zuvor. Und direkt meine Familie angerufen, meinen Freunden geschrieben. Diesen Moment werde ich wirklich niemals mehr vergessen. 

Ich musste für meinen Traumberuf einen weiten Umweg gehen, aber es hat sich sowas von gelohnt. Könnte ich mich noch einmal entscheiden, ob ich den direkten Weg oder meinen gegangen Weg wählen möchte, ich würde immer wieder meinen Weg wählen. Diese drei Jahre zwischen Abitur und Studiumsbeginn haben mir so viele wertvolle Erfahrungen geschenkt, mich Menschen kennenlernen lassen, die ich nicht hätte missen wollen, meinen Horizont so sehr erweitert und mich letztendlich zu meinem Traumberuf geführt. 

Was ich damit sagen möchte? Der direkte, schnellste Weg muss nicht immer der Beste sein und manchmal lässt sich erst hinterher erkennen, warum manche Dinge nicht auf Anhieb klappen, sondern noch ein wenig Zeit brauchen. 


Wenn ihr jetzt noch Lust habt, dann könnt ihr HIER noch meinen Werdegang lesen. Mir ging es ähnlich wie Verena, auch ich habe meine Passion auf Umwegen gefunden.