Mutterschaft ist nicht immer nur rosarot.
„Ich schmeiss hin, mir reicht’s“
Die Nacht war schon wieder die Hölle und ich übertreibe nicht, sie war für mich die absolute Hölle. Kaum mehr als eine halbe Stunde Schlaf am Stück und generell wenig bis kaum Schlaf seit nun fast einem Jahr – es nagt an mir.
Mein Nervengerüst ist stark strapaziert und ich bin immer näher am Wasser. Ich bin ausgelaugt, todmüde und hoch emotional. Unter der Woche bin ich mit den Kindern, meinem Job und dem Haushalt allein. Und dann, an einem Morgen wie diesem, wenn die Nacht katastrophal war und die Laune der jüngsten Bewohnerin kaum zu ertragen ist, dann kann ich nicht mehr. Ich ertrage es nicht. Es ist mir zu viel, alles – und an besonders schlimmen Tagen denke ich darüber nach, wieso ich überhaupt noch einmal von vorn anfangen wollte. Wollte ich das wirklich? War mir überhaupt klar, dass es so laufen kann?
Manchmal stehe ich da und ertrage das Geschrei nur schwer, dann verlasse ich fluchtartig das Zimmer – innerlich bis zehn zählend, um runter zu kommen. Und ganz manchmal, an wirklich sehr schlimmen Tagen, hilft nicht einmal mehr das und ich verziehe mich in das entlegenste Zimmer der Wohnung zurück und brülle einmal laut vor mich hin – lasse den Kummer und die Hilflosigkeit heraus, verbunden mit vielen Tränen. Nicht selten kommt es vor, dass ich Henry anrufe – in der Hoffnung, dass er tröstete Worte findet und diese mir neue Energie geben, den Tag ohne halben Nervenzusammenbruch zu überstehen. Und manchmal rufe ich ihn an und schimpfe lautstark in mein Smartphone. Warum? Weil ich wütend bin, und hilflos. Weil ich mir wünschte, just in diesem Moment nicht in dieser Situation zu sein. Und weil ich ich ihm in dem Moment die Schuld übertrage. Ja, und weil ich es ihm in dem Moment wirklich neide, dass er im Büro sitzen kann und nicht wie ich hier zu Hause, so völlig übermüdet, ungeduscht, hungrig und verzweifelt – mit einem Baby/ Kleinkind, dass mich an den Rand des Nervenzusammenbruchs treibt.
Im nächsten Moment dann fühle ich mich schlecht und ich zweifle an mir. Bin ich eine gute Mutter? Müsste ich diese Strapazen nicht mit einem Lächeln ertragen? Und überhaupt, bin ich vielleicht nicht ausreichend belastbar? Kopfkarussel. Und während diese Gedanken in meinem Kopf aufkeimen, kenne ich die Antwort bereits – es ist völlig in Ordnung, an seine Grenzen zu kommen. Wirklich absolut in Ordnung. Das Muttersein ist ein Knochenjob, eine echte Herausforderung. Immer den Anspruch an sich selbst, den eigenen Kindern eine gute Mutter zu sein, ihnen eine schöne Kindheit zu schenken, ihnen Wurzeln und Selbstvertrauen geben, sie geborgen und mit viel Liebe {auf}wachsen lassen. Es ist menschlich, auch mal Schwäche zu zeigen bzw. diese Schwäche zuzulassen. Das tut auch gut und ist wichtig. Und ganz ehrlich, es ist auch völlig in Ordnung, mal den Haushalt links liegen zu lassen und die ruhigen Momente zu nutzen, um zur Ruhe zu kommen und Kraft zu tanken. Es ist nicht nur in Ordnung, es ist nötig. Ist es doch völlig egal, ob die Wäsche noch einen Tag länger liegen bleibt und an der Wollmaus unter der Kommode wird sich auch keiner stören.
„Ich schmeiß hin, mir reicht’s!“ Das habe ich nicht nur einmal gedacht. Dieser Gedanke kommt mir regelmäßig. Und dann kommt Henry als mein Partner, nimmt mich in den Arm und sagt mir, dass es in Ordnung ist und dass ich einen tollen Job mache, dass er stolz auf mich ist. Oder aber Rebecca, die mir letztens einfach ein paar liebe und stärkende Worte entgegen brachte – Worte von einer Frau, die ebenfalls Mutter ist. Einer Frau, die diesen Kummer kennt, ihn selbst erlebt oder ihn zumindest versteht. Das bedeutet ganz ganz viel.
Schenken wir anderen Müttern Anerkennung und fangen wir uns in diesen schwierigen Phasen auf, unterstützen wir uns. Haben wir Verständnis füreinander und bieten Trost.