Plötzlich Mama, wie eine einzige Stunde mein Leben komplett verändert hat.
An einem Sonntag vor ca. 20 Monaten sind mein Freund und ich morgens um 6 Uhr ins Krankenhaus gefahren, weil ich so starke kolikartige Unterleibsschmerzen hatte, dass ich kaum noch stehen konnte. Im Krankenhaus ging es dann auf den Stuhl der diensthabenden Gynäkologin und nach einem kurzen Ultraschall sagte sie nur: „Sie haben Wehen, wussten Sie denn nicht, dass sie schwanger sind?“ Es geht sofort in den Kreißsaal!“
Ich war geschockt, völlig neben mir und musste nur daran denken, was ich in den letzten Monaten alles gemacht habe – auf welchen Parties ich mal wieder zu viel getrunken hatte, wie viel Sport ich getrieben habe und wie rücksichtslos ich mit meinem Körper umgegangen bin. Was muss das nur für ein Kind sein, das dort in meinem Bauch heranwächst.
Nach der Diagnose blieben mir zwei Minuten Zeit, um meinem Freund alles mitzuteilen, dann ging auch schon in den Kreißsaal.
Dort legte man mir ein CTG an, ich fühlte mich wie in einem Film und konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Ich hatte doch gerade erst angefangen, beruflich aufzusteigen, wir wohnten noch nicht zusammen und dann hörte ich den Herzschlag meines Kindes.. Mein Kind.. Was ein Gefühlschaos.
Warum hat keiner der Ärzte in den letzten Monaten etwas bemerkt? Warum habe ich keinen typischen Babybauch? Ich hatte etwas zugenommen, aber nur 3 – 4 kg, weil ich nich tauf meine Ernährung geachtet hatte und meine Periode hatte ich auch pünktlich jeden Monat. Und nun soll ich ein Kind bekommen? Mir gingen unzählige Dinge durch den Kopf.
Auf meine Frage, wie lange ich denn nun noch hätte und wann das Kind kommen würde, sagte mir die Beleghebamme nur, dass es maximal noch eine Stunde dauern würde..
Der Kreißsaal füllte sich und ich war einfach nur froh, dass mein Freund an meiner Seite war. Die Wehen wurden schlimmer und durch die großartige Hilfe der anwesenden Hebammen war es ca. 45 Minuten später Wirklichkeit: ein Baby schrie und strampelte zwischen meinen Beinen. Mein Freund durfte noch die Nabelschnur durchtrennen und schon waren er und das Baby mit Ärzten verschwunden.
Die Nachricht von meinem Freund, dass das Baby gesund sei und nicht wie ich erwartet hatte, vielleicht krank oder nicht richtig entwickelt, hat mich so erleichtert, dass ich erst ihn und dann den Kleinen küssen musste.
Fast drei Stunden war er nur „er“, bis wir auf Drängen der Hebamme, die den Namen des „Wunderbabys“ unbedingt vor Feierabend noch wissen wollte, einen Matti Paul aus ihm machten. Matti Paul.
Matti hat mich von der ersten Sekunde an verzaubert, mein Herz für sich gewonnen und alle Zweifel, ob wir das schaffen können, beiseite gelegt.
Eigentlich hatte ich so viele berufliche Pläne, wollte noch was erleben und den üblichen Plan, den sich jedes Mädchen einmal ausmalt, verfolgen: Hochzeit, Haus, Kind.
Dieser Plan war nun aber dahin und doch war es egal, völlig egal.
Wahnsinn, wie viel Liebe man für ein Wesen entwickeln kann, obwohl man gerade erst von ihm erfahren hat.
Den Rest des Tages haben wir mit Anrufen bei Familie, Freunden und der Arbeit verbracht. Es gab nicht eine einzige negative Reaktion, ganz im Gegenteil. Dafür bin ich heute noch immer allen dankbar. Matti wurde sofort als neues Familienmitglied akzeptiert und ist bei beiden Großeltern als erstes Enkelkind der kleine Prinz.
Leider gab es nicht nur solche Reaktionen. Ich wurde von Außenstehenden als Lügnerin, Hochstaplerin oder auch als Wichtigtuerin abgetan. Menschen, die noch nie ein Wort mit mir gesprochen haben, haben mich als dumm und verantwortungslos dargestellt. Das waren die Worte, die mir damals und auch heute noch Tränen vor Wut in die Augen treiben.
Ich kann ehrlich sagen, dass ich nie geweint habe, weil ich überfordert bin oder war. Matti ist unglaublich toll, total normal entwickelt und hält uns ordentlich auf Trab.
Ich weiß, dass es so viele Frauen gibt, die Kinder verloren haben, keine Kinder bekommen können oder die der Kinderwunsch wirklich quält. Manchmal fühle ich mich schlecht, weil wir solch ein Glück hatten und dieses kleine Wunder nun unser Leben bestimmen darf.
Mit meiner Geschichte möchte eich weder Mitleid noch Aufmerksamkeit erreichen, viel mehr möchte ich zeigen, dass es auch „anders“ geht – es war eine einschneidende und wahnsinnig spontane aber auch wunderschöne Veränderung in unserem Leben.