Stillen ist Liebe //
Warum ich das abrupte Abstillen bereue
Noch in meiner Schwangerschaft habe ich gar nicht groß darüber nachgedacht. Irgendwie war es vollkommen klar, dass ich stillen werde. Ich wollte das Beste für meine kleine Tochter, die in meinem Bauch noch eifrig wuchs. Ja, irgendwie war es klar. Ich freute mich sogar sehr darauf. Wisst ihr, ich bin keine dieser Moms, die jeder anderen Mama Dinge aufzwängen möchte. Ich glaube daran, dass wir alle für uns am besten wissen, was gut ist und was eher nicht. Ich glaube daran, dass jeder den für sich richtigen Weg geht. Fühlt sich eine Frau mit dem Stillen nicht wohl, dann ist das so und dann ist das auch in Ordnung. Denn, tut es der Mama gut, ist es im Umkehrschluss auch für das Baby richtig. Ich war definitiv einer dieser Frauen, die schon in der Schwangerschaft wussten, ich werde stillen. Und ich hab da auch gar nicht groß drüber nachgedacht. Es war einfach ein Gefühl, tief in mir. Ich möchte stillen.
Der Tag der Geburt. Wenige Minuten nachdem unsere kleines Mädchen geboren wurde, ein kräftiges und süßes Mädchen, schob sie sich sich schon hoch, Richtung Brust. Ganz zielstrebig Richtung Brustwarze, und dockte an.
Sie stillte sich und war direkt drin, wir hatten tatsächlich keine Anlaufschwierigkeiten in Sachen Stillen. Gefördert von den herzlichen Hebammen auf der Wöchnerinnenstation. Die Hebammen hatten stets ein Auge auf Mama und Kind, gaben Starthilfe und Motivation, herzliche Worte inklusive. Das gab Sicherheit und war ein rundum schöner Start ins Wochenbett, in unser Wochenbett. Auch zu Hause klappte alles gut. Generell hatte ich großes Glück. Ich war 21, teilweise sehr unsicher und dann kam Anna und becherte mir einen unglaublich sanften Start ins Mamasein.
Wir genossen die ersten Tage und Wochen sehr. Wir schliefen viel, kuschelten und stillten. Jeden Tag, Tag ein, Tag aus, gingen wir unsere große Runde um das Feld. Die Rückbildung lieb ebenfalls reibungslos. Ich hatte so unglaublich viel Milch, ich hätte zehn Kinder damit füttern können.
Der erste und einzige Milchstau
Es war tagsüber, als ich Schmerzen in der Brust bekam. Wirklich starke Schmerzen. Meine Brust wurde hart und knubbelig, ich bekam Fieber und fühlte mich hundsmiserabel. Das führte dazu, dass ich mein kleines Mädchen nicht mehr anlegen wollte und konnte. Die Schmerzen waren einfach kaum zu ertragen. Auch hier hatte ich wieder kompetente Hilfe, meine Hebamme. Sie rettete mich über die Tage. Sie war es, die noch spätabends kam, mir Wickel machte, sich um mich kümmerte und Tipps gab. Auch am nächsten Tag war sie da und unterststützte uns. Sie war es, die meine Hand hielt, als ich während des Anlegens vor Schmerzen weinte. Ich bin ehrlich, am liebsten hätte ich sofort mit dem Stillen aufgehört. Aber dank der guten Unterstützung und vieler lieber Worte, blieb ich dran. Zum Glück, ich wäre sonst sehr traurig gewesen. Kurz darauf war der Milchstau samt Schmerzen schon vergessen und die Stillbeziehung zu meiner Erstgeborenen war wunderschön.
Diese Nähe, nur sie und ich. Oft habe ich mich für das Stillen zurück gezogen, so intim und heilig waren mir diese Stilleinheiten. Leider wurde ich wenige Wochen später mit Verdacht auf einen Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert. Wieder einmal hatte ich Lähmungserscheinungen, konnte nicht richtig sehen und sprechen. Wieder einmal verbrachte ich Stunden mit Untersuchungen in der Notfallklinik und daraufhin Tage auf Station. Da mir unter anderem ein Kontrastmittel gespritzt werden musste und ich die kommenden Tage Medikamente einnahm, musste ich abpumpen. Ich hatte ein Einzelzimmer, Anni war bei mir. Sie wurde in dieser Zeit mit der Flasche und Milchnahrung gefüttert. Das brach mir ein wenig das Herz. Anni kämpfte die ersten zwei Tage gegen die Flasche an, sie wollte sie einfach nicht annehmen. Als der Hunger zu groß wurde, gab sie auf und trank. Noch heute schießen mir bei dem Gedanken Tränen in die Augen. So gaben wir die Flasche und ich pumpte mehrmals täglich und in der Nacht ab, um meinen Milchfluss in Gang zu halten. Immerhin wollte ich im Anschluss unbedingt weiter stillen. Ich kämpfte bewusst für uns, für mich und Anna.
Knapp zwei Wochen später war es dann soweit. Endlich durfte ich mein kleines Töchterchen wieder anlegen und stillen, was fiel mir ein Stein vom Herzen. Doch nichts war mehr so, wie es war. Anna litt wegen der Flasche an einer Saugirritation. Sie schaffte es einfach nicht mehr, richtig an der Brust zu trinken. Sie schmatzte, sog und weinte irgendwann vor Wut und Verzweiflung. Ich schloss mich an und brach ebenfalls in Tränen (und Angstschweiß) aus. Sollt des das nun gewesen sein? Wieder einmal war meine Hebamme meine Heldin. Sie war sofort zur Stelle und kämpfte mit mir an der Stillfront. Sie gab Tipps und Starthilfe, legte gemeinsam mit mir an – immer und immer wieder. Und nach zwei Tagen des Bangens war der Kummer vergessen, Anna trank wieder, als hätte sie nie etwas anderes getan.
10 Monate wunderschöne Stillzeit
Die Flasche gab es in den kommenden Monaten nie wieder. Das Stillen klappte einfach viel zu gut und ich war der Meinung, dass mein Mädchen auch gar nicht viel mehr braucht. Stillen war so viel mehr als Nahrung, für uns beide. Es war Liebe, es war Nähe, es war Geborgenheit und pures Glück. Ich habe sie ingesamt zehn Monate gestillt. Sehr lange auch voll gestillt. Und das war gut so. Für uns. Wir hatten eine so innige (Still)Beziehung, ich denke noch heute gern daran zurück. Das hat sich für mich auch einfach richtig angefühlt.
Mit 9,5 Monaten dann begann Anna mich in die Brust zu beißen. Immer und immer wieder, mal mehr, mal weniger fest. Das war schmerzhaft und ich kann mich erinnern, wie sie an diesem einen Nachmittag während des Stillens so fest zubiss, dass ich sie aus Reflex fast von meinem Schoß gestossen hätte. Ich blutete und weinte, so stark war der Schmerz. Das war der Wendepunkt in unserer persönlichen Stillgeschichte. An diesem Nachmittag beschloss ich, sie nicht mehr zu stillen.
Das Abstillen
Der Biss am Nachmittag war der Auslöser dafür, dass ich abstillte. Und zwar abrupt, nicht sanft. Auf die harte Tour. Ich muss sagen, denke ich heute daran zurück, tut es mir im Herzen weh. Es fühlt sich nicht gut an und war keinesfalls der richtige Weg. Aber ich handelte aus einer Kurzschlussreaktion heraus. Ich klebte mir die Brüste fest ab, um die Milchproduktion zu unterbinden und verließ über Nacht das Haus. Anna blieb währenddessen bei Papa. Ich muss weinen, wenn ich heute daran denke. Und ich schwor mir später, sollte ich noch einmal Kinder bekommen, es nie wieder so abrupt zu tun. Anni verlangte an dem Abend und in der Nacht nach der Brust, aber ich war nicht da. Am nächsten Tag dann nahm sie den Becher mit Wasser und trank. Als ich zurück kam, zeigte sie deutlich, dass sie sich stillen möchte, aber ich blieb eisern. Zu wütend war ich über die blutige Brustwarze. Man muss dazu sagen, dass Anni damals schon einige Zähne hatte. Ja, und so stillten wir innerhalb weniger Tage ganz schlagartig ab. Nach wenigen Tagen schon produzierte ich keine Milch mehr und als mir bewusst wurde, dass ich diese innige Beziehung einfach so, ohne Abschied, nicht langsam, sogar ganz schnell und abrupt, abgebrochen habe, wurde ich traurig. Ich war so traurig, dass viele Tränen geflossen sind. Sehr viele Tränen. Es gab einfach keinen Abschied. Noch heute bereue ich das sehr. Auch, weil wir die Stillbeziehung zwischen Anni und mir immer so wunderschön war, so nah und innig und dieser Abschluss dem einfach nicht gerecht ist. Aber, ich kann es nicht mehr ändern und habe daraus gelernt. Deshalb habe ich es bei unserer Kleinsten anders gemacht. Ganz anders. Dazu aber bald mehr.
Bei meiner lieben Kollegin Laura könnt ihr viele schöne Stillgeschichten von ganz unterschiedlichen Frauen lesen, schaut da unbedingt mal vorbei.
Laura von trendshock.de
Liebe Janina,
ich habe gerade Deinen Beitrag gelesen und habe Tränen in den Augen. Aber ich kann mich in Deine Lage versetzen: neben einer wunderschönen Stillbeziehung kann es einen an manchen Tagen einfach zu viel werden. Ich habe Glück, dass Aric nicht wirklich beißt aber er könnte Stunden einfach so an der Brust hängen und das mit bald 16 Monaten . Da denke ich dann auch manchmal über das Abstillen nach. Es zerrt einfach sehr an den Nerven, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Du kannst richtig stolz sein, dass Du so lange gestillt hast – vielleicht war das Ende nicht das aller beste aber 10 Monate liebevolles Stillen gegen 2 Tage Abstillen ist dann im Vergleich nichts <3
Ich bin schon sehr auf die Stillgeschichte von Mimi gespannt 🙂
Liebe Grüße
Janina
Liebe Laura,
ich glaube, das „mit dem zu viel werden“ ist vollkommen normal. Das habe ich bei Mimi auch ganz stark so empfunden.
Ich danke dir sehr für deine lieben Worte, ehrlich. Ich war damals sehr traurig, dass ich so gehandelt habe und letztendlich hat mir diese Nähe dann sehr gefehlt. Mimi hat sich ja allein abgestillt und da war es zum Beispiel völlig in Ordnung für mich. Da war diese Traurigkeit nicht.
Herzliche Grüße an Dich
Janina
Anita
Liebe Janina, ich kann deine Traurigkeit gut nachvollziehen. Gerade letzte Woche habe ich unser drittes Kind abgestillt und bin auch etwas traurig darüber, obwohl sie schon fast 2,5 Jahre alt ist. Ich musste wegen einer Blinddarm OP für vier Tage im Krankenhaus bleiben und habe diesen Aufenthalt zum Abstillen genutzt. Auch wenn ich mir öfter gewünscht habe, nicht mehr zu stillen, finde ich es trotzdem schade. Das bleibt wahrscheinlich nie ganz aus. Deshalb mach dir nicht so viele Vorwürfe, Anni hat sich doch wirklich wunderbar entwickelt 🙂 Viele Grüße und danke für deinen tollen Blog Anita
Janina
Liebe Anita,
ich kann das nachvollziehen, mit der dem Funken Wehmut in Sachen Abstillen. Hat dein Menschenskind das Abstillen denn gut angenommen?
Damals, als ich Anni abgestillt habe, war ich danach lange sehr traurig und mir hat diese Nähe, diese ganz besondere Zeit die wir hatten sehr gefehlt. Ich würde es nie wieder so machen. Mimi zum Beispiel hat sich selbst abgestillt und da habe ich dann auch nicht diese Traurigkeit empfunden. Da war es einfach in Ordnung.
Ich danke dir für deinen Kommentar und wünsche dir einen schönen Tag!
Janina
Judith
Guten Morgen Janina,
danke für den ehrlichen Bericht. Schade, dass du deine Entscheidung im Nachhinein so sehr bereust und doch schön, dass du dich auch an die schöne Stillzeit zurück erinnerst, die ihr vorher hattet.
Liebe Grüße
Judith
Janina
Liebe Judith,
ja – ich denke wirklich gern an die Stillzeit mit Anni zurück. Sehr gern sogar. Das war eine ganz besonders innige und kuschelige Zeit und das Stillen hat auch immer gut funktioniert. Nur das Abstillen, das würde ich heut niemals wieder so machen. Mimi z. B. hat sich selbst abgestillt. Ich hab einfach gewartet, bis sie bereit war und ihr aber Ausweichmöglichkeiten angeboten.
Ganz liebe Grüße an Dich
Janina
Moni
Hi Janina,
lass Dich das nicht so traurig werden.
Du weißt nicht wie und ob es anders gegangen wäre.
Ich habe z.b. meine Tochter im selben Zeitraum versucht allmählich abzustillen. Ich habe jetzt schon 3-4 mal – mal mehr mal weniger programmartig – versucht abzustillen. Jedesmal wurde es weniger, einmal hatte ich es sogar geschafft, sie nur noch zum Einschlafen zu stillen. Doch es hat nie geklappt, weil immer irgendeine schwierige Phase kam und bis vor einem Tag habe ich wieder rund um die Uhr gestillt. Nun habe ich beschlossen, es abrupt an zu gehen. Seit gestern gibt es keine Brust mehr. Es tut mir auch so weh, aber es war viel schlimmer meine Tochter bei den „sanften“ Versuchen „unnötig“ leiden zu lassen.
Jedes – egal welches – Abstillen ist hart für das Kind, da es einfach ein unnatürlicher Prozess ist. Es leiden beide. Immer. Egal wie alt das Kind ist. Meine Tochter ist jetzt eineinhalb.
Du hast für deutsche Verhältnisse eh lang gestillt und da solltest Du lieber stolz drauf sein… Aber nicht traurig..
Vor allem aber auch, weil Du während der bestimmt extrem schwierigen Zeit im Krankenhaus so selbstlos dafür gekämpft hast!!
VG Monika
Janina
Liebe Moni,
erst einmal möchte ich dir sehr für deine lieben Worte danken. Die waren Balsam für die Seele. Ich danke dir sehr.
Bei Mimi war es in der Nacht auch ein Dauerstillen. Ich kann also in etwa nachempfinden, wie sehr das zehrt. Wie du schon sagtest, du hast deine Tochter 1,5 Jahre gestillt. Das ist für unsere Verhältnisse hier schon lange. Ich hoffe, mit dem Abstillen klappt es bei euch nun gut? Ich wünsch euch Beiden alles alles Gute.
Sei mir herzlich gegrüßt
Janina
Moni
Das freut mich..
Danke, das Abstillen läuft mal verwunderlich gut (Dann kann ich wieder die typischen Aussagen, „bei uns hat es gut geklappt“, plötzlich nachvollziehen), aber dann kommt wieder ein schlimmer Tag.
Wird wohl noch was dauern, aber dafür habe ich ja Urlaub.
Danke und Dir auch ganz liebe Grüße
Janina
Deine Stillgeschichte hat mich richtig mitgenommen.
Ganz ganz toll geschrieben ❤
Janina
Danke Dir, liebe Janina.
Wir hatten eine wirklich schöne Stillbeziehung. Ich denke gern an die Stillzeit mit Anni zurück, nur nehme ich mir das abrupte Abstillen ein wenig krumm. 🙁
ekulele
Was für ein ergreifender Artikel. Ich finde ich toll, dass du so offen mit uns teilst, wie du im Nachhinein das „abrupte“ Abstillen erlebt hast. Schön, dass es dir bei Mimi damit besser ging. Ich bin auch noch immer glücklich und dankbar, dass das Abstillen von Jonte schon regelrecht „Bilderbuch like“ war. Vielleicht schreibe ich dazu auch mal einen Beitrag…
Liebste Grüße an dich, frauke
Jil Sabel
Liebe Janina,
danke für diesen wirklich schönen Text! Ich selber Stille z.zt noch voll und Bo wird im Januar 6 Monate alt. Ich habe jetzt schon Angst denn das Thema „Abstillen “ bei uns akut wird. Ich hätte niemals gedacht das stillen mich so glücklich macht, ich bin Eigtl eher der hektische Typ aber das stillen ist unsere Ruhepause von allem.
Im Moment machen mich alle wegen dem Thema Beikost verrückt, wie lange hast du voll gestillt?
Liebe Grüße Jil
Marie
Liebe Janina,
Ach wie mir die Tränen in die Augen schossen bei deinem Text – ich kann dich so gut verstehen! Ich stille noch, meine Kleine ist 6Mt alt, aber der Anfang glich deinem. Als du schriebst wie du zu Beginn vor Schmerzen geschrien hast, erinnerte mich das so stark an meine ersten Wochen. Wie hab ich gelitten & wie schnell hat man es doch wieder vergessen. Klar wird man immer wissen das der Anfang schwer war, aber wie die Geburt an sich auch – man vergisst die Schmerzen doch ziemlich schnell. Es ist so toll wie du gekämpft hast und selbstverständlich schmerzt der Gedanke an deine Abstillgeschichte. Denn auch wenn es bei mir noch einige Monate dauern wird, kann ich wirklich verstehen wie Schmerzhaft dieser Entscheid im Nachhinein gewesen sein muss.
Danke viel Mal für diesen Einblick und ich bin bereits sehr auf die Stillgeschichte von Mimi gespannt.
Ganz liebe Grüsse aus der Schweiz
Marie
Julia
Ich liebe deinen Blog, deine Art zu schreiben, deine Ehrlichkeit und Offenheit! Mein kleiner ist jetzt 11 Monate und wird auch nich gestillt… wie du es beschreibst fühle ich es auch… es ist die schönste, innigste, liebevollste Erfahrung die ich bisher erleben durfte. Ich liebe es mein Kind zu stillen!
Janina
Liebe Julia,
so lieben Dank für deine herzlichen Worte.
Ganz liebe Grüße an Dich
Janina
Maya
Hallo
Mir geht es gerade genau so😭😭
Ich bereue es sehr und würde es wieder rückgängig machen, aber sie will nicht mehr😭😭😭😭(sie ist zwar schon fast 2 ,aber es war eine wunderschöne zeit)