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Im Interview mit Hebamme Sissi Rasche:
Geburt und Wochenbett

In dieser Schwangerschaft habe ich mir bereits viele Gedanken über die bevorstehende Geburt sowie das Wochenbett gemacht. Ich habe meine letzte Geburt aufgearbeitet und es geschafft, nun mit ihr im Reinen zu sein. Ich habe sie angenommen und das fühlt sich gut und befreiend an. Ich habe mir außerdem konkret Gedanken gemacht, wie ich mir die Geburt unseres Sohnes vorstelle. Ich habe aber auch gleichzeitig für mich gelernt, offen zu sein, und nicht krampfhaft an {m}einer Idealvorstellung festzuhalten. Denn, wenn eines sicher ist: Nichts ist sicher und fest planbar. Die Geburt liegt in der Zukunft. Man kann ihr freudig entgegenfiebern, positiv gestimmt und offen sein und seine Wünsche haben. Ja. Aber letztendlich ist die Geburt die Geburt. Nur in einem bin ich mir absolut sicher: Ich möchte für mich und meinen kleinen Sohn eine selbstbestimmte Geburt. Ich möchte, wenn möglich, eine natürliche Geburt ohne Eingriffe erleben. In den letzten Monaten habe ich viel mit meiner Hebamme gesprochen. Ich habe diese Gespräche genossen, genieße sie noch immer. Sie stärken mich und machen Mut. Sie sind ehrlich und wohltuend. Kurzum: Meine Hebamme ist mir in den letzten Monaten eine Gefährtin, die ich nicht missen möchte. Sie ist großartig. Hebammen und ihre Arbeit im Allgemeinen sind großartig. Und wichtig! #aufdenTischhauenfürHebammen

Als ich dann vor wenigen Wochen die Möglichkeit hatte, mit Sissi Rasche, einer wunderbaren Hebamme und Mitgründerin von Lillydoo, zum Thema Geburt und Wochenbett zu sprechen – habe ich mir das nicht zweimal sagen lassen. Denn das Thema ist für mich gerade so spannend wie eh und je. Und das Thema Wochenbett ist meiner Meinung nach sogar unfassbar wichtig. Gerade, weil das Wochenbett für die Familie so wichtig ist und in unserem Land leider viel zu wenig Anerkennung und Beachtung findet. HIER findet ihr z. B. den Beitrag zum Thema „Mütterpflege“ im Wochenbett. Sehr interessant und lesenswert.

Welche Tipps also hat Sissi für werdende Mamas wie mich, wie ist das mit dem Wochenbett und was gehört in eine Kliniktasche? Das lest ihr hier und jetzt. Viel Spaß!

 

Lillydoo

 

Geburt und Wochenbett –
Interview mit Hebamme Sissi Rasche

 

Liebe Sissi, du bist mit Leib und Seele Hebamme und selbst Mutter. Erzähl mir ein wenig über dich! Wie lange bist du schon als Hebamme tätig und wie viele Kinder hast du schon auf ihrem Weg in die Welt begleitet?

Ich bin Sissi Rasche, 32 Jahre alt und Mutter von zwei wunderbaren Kindern. Hugo ist sechs Jahre und Cléo ist vier Jahre alt. Als Teenager habe ich als Kindermädchen bei einer Familie mit sechs Kindern gearbeitet. Eines Tages meinte die Mutter: „Wenn ich noch mal etwas lernen würde, wäre es Hebamme.“

So kam ich auf diesen tollen Beruf. Da ich unbedingt mehr über den Job der Hebamme erfahren wollte, habe ich direkt in den nächsten Schulferien ein Praktikum im Kreißsaal gemacht. Nach dem Abi habe ich dann meine Ausbildung begonnen und bin später bei einer bekannten Hausgeburten-Hebamme in Hamburg gelandet. Ulrike Aulbach wurde meine Mentorin und hat mir wie keine andere die Liebe und das Können zu diesem Beruf vermittelt. Was mir besonders an meiner Arbeit gefällt ist, dass es nicht nur um das Kind, sondern auch um die Frau geht. Zudem ist der Beruf abwechslungsreich und man kommt mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt. Ich bin mittlerweile seit acht Jahren freiberufliche Hebamme in Berlin. Insgesamt habe ich inzwischen rund 450 Geburten begleitet und selbst zwei Kinder mit der liebevollen Unterstützung einer Hebamme zu Hause zur Welt gebracht.

 

Die Geburt. Wohl einer der größten und bewegendsten Momente im Leben einer Frau. Wie bereitet man sich am besten auf die Geburt vor? Oder kann man sich überhaupt vorbereiten?

Auf all die Emotionen, die einen während und nach der Geburt erwarten, kann man sich wahrscheinlich gar nicht richtig vorbereiten. Auf alles andere aber schon. Für manche Frauen macht ein Geburtsvorbereitungskurs Sinn, andere Frauen können sich jedoch in solch einer großen Gruppe schwer öffnen und besprechen ihre Sorgen und Ängste lieber direkt mit ihrer Hebamme. Ich finde es sehr wichtig, dass sich Frauen auch schon während der Schwangerschaft in Hebammenbetreuung begeben. Gerade wer schon während der Schwangerschaft eine Hebamme an seiner Seite weiß, fühlt sich oftmals viel besser gewappnet. Bei meinen Frauen versuche ich, sie von Anfang an so gut wie möglich in ihren individiuellen Bedürfnissen zu unterstützen, ihnen ihre Ängste und Sorgen zu nehmen und ihnen zu vermitteln, was für ein tolles Erlebnis eine Schwangerschaft ist! Wer auch vor der Geburt nicht auf die Unterstützung einer Hebamme verzichten möchte, sollte sich deshalb rechtzeitig um eine passende Hebamme kümmern. Am besten könnt ihr Freunde nach Empfehlungen fragen. Ansonsten stellt jede Klinik eine Liste der Hebammen zur Verfügung.

Eine Geburt ist ein sehr schönes, aber auch sehr anstrengendes Erlebnis. Daher ist es für werdende Mamas sehr wichtig, dass sie sich während der Schwangerschaft ausreichend Erholungspausen gönnen und sich weiter fit halten, beispielweise mit Schwimmen oder Spaziergängen. Ich bin auch ein großer Fan von Schwangeren-Yoga und HypnoBirthing während der Schwangerschaft, da sich die Frauen meiner Erfahrung nach so gut auf die Geburt vorbereiten können. Zudem finde ich ein Blessingway toll: Eine alte Tradition der amerikanischen Ureinwohner, bei der es darum geht, Frauen mental zu unterstützen und die bevorstehende Geburt mit verschiedenen Ritualen zu feiern. Bei Blessingways habe ich immer wieder gesehen, wie viel Kraft Frauen daraus für die Geburt schöpfen. Ich bin jedes Mal davon begeistert.

 

Und die Frage aller Fragen: Was gehört wirklich in die Kliniktasche?

Am besten packt man die Kliniktasche rechtzeitig, damit sie bereitsteht, wenn es dann endlich losgeht.

Wichtig ist auf jeden Fall Babykleidung, denn der kleine Entdecker darf natürlich nicht frieren. Hier kann man beispielsweise zwei bis drei Baumwollstrampler, zwei Hosen, warme Socken und eine Mütze einpacken. Eine Babydecke und ein Baby-Autositz sind ebenfalls ratsam.

Natürlich sollte man auch an sich selbst und seinen Partner denken, der optimalerweise direkt dableiben darf. In jedem Fall sollten also Wechselklamotten, Kosmetik, und Badeschuhe mit in die Kliniktasche. Aber auch ein kleines eigenes Kissen, eine gemütliche Wolldecke, Handy, Fotoapparat, Ladekabel und Kopfhörer sind nützliche Dinge, die man während der Zeit im Krankenhaus bestimmt gebrauchen kann. Viele Frauen stellen sich ihre individuelle Geburtsmusik zusammen und nehmen sie ins Krankenhaus mit. Ein schönes Massageöl, Lippenpflege und ein Balm für die Brustwarzen würde ich ebenfalls einpacken. Falls ihr möchtet, könnt ihr auch gerne etwas zum Greifen für die Hand mitnehmen, sowie einige Energiesnacks. Für die Geburt empfehle ich euch, ein eigenes, langes Geburtshirt und einige bequeme Baumwollunterhosen mitzunehmen, sodass ihr euch möglichst wohl und nicht zu nackt fühlt. Warme Socken sollten auch nicht fehlen! Wenn die Mama stillen möchte, sind außerdem ein Stillunterhemd beziehungsweise ein Still-BH und ein Pyjama zum Knöpfen sinnvoll. Zudem bin ich ein großer Fan von einem Bauchgurt nach der Geburt. Dieser fördert die Rückbildung und hält die Gebärmutter im Gleichgewicht. Zur Wundversorgung nach der Geburt gehört für mich persönlich auch Calendula Essenz in jede Kliniktasche. Ein weiterer, praktischer Tipp: Ein bisschen Kleingeld einpacken und an die Papiere für das Standesamt denken, sodass man diese dann direkt abgeben kann.

 

Liebe Sissi, die erste Zeit mit Baby ist magisch. Das erste Kennenlernen, dieser einmalige Babyduft und dieses völlig berauschende Glücksgefühl. Leider ist in Deutschland die Wochenbettkultur ein wenig verloren gegangen. Was denkst du, ist das Wochenbett nicht auch wichtig – für die Frau zum heilen und vor allem aber auch, um als Familie mit dem neuen Menschlein zusammenzuwachsen? Deine Gedanken zum Wochenbett im Allgemeinen sowie zu seiner Funktion interessieren mich brennend.

Ich freue mich sehr über diese Frage, denn das Wochenbett ist sehr, sehr wichtig. Legt es doch den Grundstein für die nächsten Monate mit Baby und die neue Familienkonstellation. Während für die Geburt alles möglichst perfekt geplant wird, gerät das Wochenbett leider oft in den Hintergrund. Viele Frauen nehmen das Wochenbett nicht wichtig und glauben, dass es schon irgendwie von selbst laufen wird. Dabei beginnt nun ein neues Lebenskapitel und gerade in den ersten Tagen passiert so viel Neues: Das Stillen muss erst einmal geübt werden und die Familienkonstellation muss sich finden. Ich kann Frauen nur den Tipp geben, sich die Zeit für das Wochenbett zu nehmen! Inbesondere die ersten zehn Tage nach der Geburt sind so wichtig, sowohl für die Rückbildung als auch für das Stillen. Aber auch nach den ersten Tagen empfehle ich, nicht sofort in den gewohnten Gang hochzuschalten, sondern sich noch eine Zeit lang verwöhnen zu lassen oder die Aufgaben zumindest gerecht zu verteilen. Ein kleiner Tipp, um diese schöne Kennenlernphase ausgiebig genießen zu können, ist es ratsam sich schon vor der Geburt mit der Familie abzusprechen, wie man die ersten Tage mit Baby gestalten möchte.

 

Hast du Tipps und Tricks, wie man sich am besten auf die erste Zeit mit Baby und das damit verbundene Wochenbett vorbereitet? Kann man schon vorab Vorbereitungen treffen? Ich habe zum Beispiel Speisen vorgekocht und eingefroren und, du wirst lachen, mir einen kleinen Vorrat an Torte im Tiefkühler angelegt. Weil Torte macht mich einfach immer glücklich.

Dann hast Du anscheinend alles richtig gemacht! Im Wochenbett sollte man sich erholen und wenn Dich Torte glücklich macht, dann wird sie dazu sicherlich auch im Wochenbett wunderbar beigetragen. Ausreichend Essen und Trinken ist im Wochenbett sehr wichtig! Achte allerdings darauf, dass Du Dich ausgewogen ernährst und nicht allzu schwere Kost zu Dir nimmst.

Grundsätzlich bedeutet Wochenbett für mich auch Wochenbett. In den ersten zehn Tagen solltest Du, bis auf kurze Gänge ins Bad oder auch an den Wickeltisch, hauptsächlich liegen. Wenn Du zudem immer über die Seite aufsteht, trainiert das die schrägen Bauchmuskeln und schont den Beckenboden. Außerdem empfehle ich Dir, höchstens einen Besuch pro Tag zu empfangen – und der darf die Verpflegung gerne selbst mitbringen ☺ Es ist zudem wichtig, immer zu schlafen, wenn das Baby auch schläft, um Kraft und Energie zu haben, wenn Dein Baby wach ist. Ganz viel Haut-an-Haut-Kontakt mit dem Baby zu haben, ist in dieser Zeit des Kennenlernens besonders schön. Deshalb kannst Du auch ganz ohne schlechtes den ganzen Tag im Schlafanzug verbringen und die Wohnung auch mal unordentlich sein lassen. Wenn Hilfe im Haushalt gebraucht wird, sind Mütterpflegerinnen ein großer Segen. Ganz wichtig ist, sich darum rechtzeitig zu kümmern! Bei Fragen jeglicher Art wende Dich am besten direkt an Deine Hebamme anstatt zu googeln. Sie kennt Dich und Dein Baby und ist eine Expertin in diesen Angelegenheiten. Ansonsten empfehle ich: Handy aus- oder zumindest lautlos schalten und die Zweisamkeit genießen. Kuscheln mit dem Baby ist wichtiger!

 

Thema Wochenbettdepression. Leider wird darüber noch immer viel zu wenig gesprochen, dabei ist es so wichtig. Woran erkennt man eine Wochenbettdepression und vor allem, wie reagiert man besten, wenn man spürt, ich laufe Gefahr in eine Wochenbettdepression zu verfallen? Kann man vielleicht sogar vorbeugen?

Wenn eine Frau sich nach der Geburt längere Zeit sehr niedergeschlagen, erschöpft oder sehr leer fühlt, kann es sich um eine Wochenbettdepression handeln. Falls Risikofaktoren bekannt sind, wäre es zu empfehlen, dass die Familienmitglieder oder gegebenenfalls Mütterpflegerin erst einmal sehr tatkräftig unterstützen, indem sie zum Beispiel darauf achten, dass die frischgebackene Mama viel Schlaf bekommt. Ich empfehle, die Situation sorgfältig zu beobachten und bei Anzeichen einer Wochenbettdepression sofort zu handeln. Eine solche Depression ist gut behandelbar. Es ist allerdings immer ratsam, sich als betroffene Frau professionelle Hilfe zu suchen. Am besten wendet man sich hierbei an seine Hebamme. Sie kann der Mutter zur Seite stehen und gegebenenfalls gezielt ärztliche Hilfe anfordern.

 

Wenn du einer werdenden Mama 5 Tipps mit an die Hand geben müsstet, welche wären es? 

  1. Es liegt mir sehr am Herzen, dass sich die werdenden und zukünftigen Mütter wieder mehr auf ihre Urinstinkte verlassen. Hört auf euren Bauch!
  2. Nehmt euch Zeit! Mit Zeit meine ich, dass es wichtig ist, sich Zeit fürs Wochenbett zu nehmen und Zeit, Routine zu entwickeln und sich als Familie einzugrooven. Niemand erwartet von euch, dass ihr drei Tage nach der Geburt tiptop ausseht und den Haushalt schmeißt.
  3. Ich finde es auch wichtig, allerspätestens mit den eigenen Kindern, das Kind in sich wiederzuentdecken und ihm freien Lauf lassen. Es gibt nichts Besseres, als gemeinsam mit den eigenen Kindern die Freude an den kleinen Dingen zu zelebrieren.
  4. Ein ganz praktischer Tipp: Achtet darauf, dass euer Baby warm genug angezogen ist. Ich sehe viel zu oft Neugeborene ohne Mützchen. Dabei müssen sie sehr viel Energie aufwenden, um ihre Körpertemperatur zu halten und diese Energie sollte lieber in die Gewichtszunahme investiert werden. Also, wenn ihr euch unsicher seid: lieber die Temperatur einmal kontrollieren. Sie sollte zwischen 36,5° und 37,5° Celsius liegen.
  5. Ein Tragetuch oder eine Tragehilfe ist ebenfalls essenziell, da einige Kinder sehr, sehr starken Körperkontakt brauchen. Manchmal braucht es ein wenig Zeit, bis man den Dreh raus hat und die richtige Wickeltechnik bei Tragetüchern verinnerlicht hat. Aber dann ist es einfach das schönste Gefühl, sein Baby so nah am Körper zu tragen.

 

Liebe Sissi, ganz ganz lieben Dank, dass du dir die Zeit für mich und meine Leserinnen genommen hast! 

Liebe Janina, es hat mich gefreut, auf diesem Weg mit Dir zu sprechen. Für die anstehende Geburt wünsche ich Dir von Herzen alles erdenklich Gute! Alles Liebe, Sissi

 

Lillydoo

Kommentare

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
  • Stefanie
    22 Aug 2017 Antworten

    Toller und vor allem sehr informativer Blogbeitrag, Danke! ??

  • Steffi
    23 Aug 2017 Antworten

    Tolles Interview! Bei mir war es ( leider) erst mit/ab dem zweiten Kind so, dass ich tatsächlich viel mehr auf mein Gefühl geachtet habe. Beim ersten Kind brachen so viele Eindrücke über mich herein, gepaart mit viel zu vielen „Ratschlägen “ von außen, dass es mich und meine Tochter viel Kraft gekostet hat, zu uns zu finden. Glücklicherweise lernt man aus Fehlern! ?
    Alles Gute weiterhin!

    • Janina
      23 Aug 2017 Antworten

      Liebe Steffi,

      bei Anni habe ich damals sehr auf mein Bauchgefühl gehört und dementsprechend entspannt war ich. Bei Mimi, 11 Jahre später war ich so angstgesteuert und verunsichert, dass es hat es mir ebenfalls sehr schwer gemacht. Ich weiß gar nicht, warum ich mich hab da manchmal so beirren lassen. Ich glaube, als Mama hat man ein sehr gutes Gefühl für sich und sein Kind. So ganz instinktiv.

      Alles alles Liebe
      Janina

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