Es ist Montagmorgen. 6 Uhr, der Wecker klingelt. Wie jeden Morgen.
Ich fühle mich wie gerädert, drehe mich um, wälze mich durchs Bett, möchte mir am liebsten die Decke über den Kopf ziehen und endlich endlich schlafen. Nur ein wenig schlafen. Die Nacht war grauenvoll. Schlafarm. Alles wie immer also. Alles wie jeden Morgen.
Das große Schulkind muss geweckt werden, frühstücken, sich fertig machen. Ich schlappe ins Bad, schaue in den Spiegel – ich seh‘ müde aus. Ich erkenne mich kaum wieder. Mein nächster Gang führt mich in die Küche. Ich sitze da, mit Mimi im linken Arm und versuche mit der rechten Hand etwas zu essen. Nur ist mit der ständigen Müdigkeit auch die Appetitlosigkeit eingezogen. Anni ist startklar und geht zur Schule. Ich schaue in meinen Kalender und checke meine To-do Liste. Ich wünschte, sie wäre blanko. Leer. Einen Tag mal keine Verpflichtungen, keine Aufgaben, keine Termine und Aufträge. Ich mag mich nicht beklagen, denn ich dankbar für all das. Aber dennoch wünsche ich mir nach diesen besonders grausigen Nächten einfach eine Auszeit. Luft. Luft zum atmen. Zeit. Zeit für mich. Denn die kommt seit sechs Monaten arg zu knapp.
Anni ist aus dem Haus, und ich mache mich schnurstracks an den Bürokram. Ich sortiere E-Mails, beantworte Anfragen, sortiere Aufträge. Manchmal sitze ich auch da und versuche mich an einer Kolumne – so viel schwirrt mir im Kopf umher. Aber ich bin zu müde, um auch nur einen anständigen Satz niederzuschreiben. Es gelingt mir einfach nicht. Mimi immer mit dabei. Immer auf dem Arm oder auf dem Schoß. Sie lässt sich häufig nur ungern ablegen. Ich schaue auf die Uhr und stelle fest, dass ich spät dran bin. Ein Termin. Ich versuche zu duschen. Viel Zeit bleibt dafür nicht. Fünf Minuten müssen reichen – Mimi ruft schon. Ich hetze aus der Dusche, schminke mich, binde die Haare zu einem Zopf und werfe mich in einen meiner unkomplizierten Mommy Looks. Mimi gestillt, angezogen, startklar. Doch dann hat sie wieder Durst. Ich stille sie noch einmal. Wenn ich Pech habe, saut sie sich noch einmal ein. Den Anspruch, dass das Kind perfekt gekleidet ist, habe ich schon lange abgelegt. Den ein oder anderen Spuckfleck übersehe ich einfach. Ich rattere mein Tagesprogramm herunter, mache den Haushalt, koche und beschäftige mich mit Anni und Mimi oder gehe einkaufen. Und schon ist es später Abend. Der Tag ist vorüber.
Es gibt diese Tage, da bin ich so müde, dass ich einfach weinen möchte. Aber selbst dafür ist kaum noch Energie und so sitze ich da. Einfach so da. Mein Kopf ist leer, meine Augen schwer. Selbst das bloße dasitzen strengt mich an und fällt mir schwer. Meine Knochen schmerzen. Sechs Monate Schlafmangel. Sechs wunderschöne und aufregende Monate. Aber eben auch sechs Monate fehlender Schlaf. Ich bin am Ende. Leben mit Kind bedeutet eben nicht nur pures Glück. Zu den Hochs gehören auch Tiefen. Und in eben diesen Tiefs fühle ich mich wie ein Roboter, der nur noch funktioniert. Der zwar glücklich ist und dankbar, aber bei dem der Akku einfach platt ist. Aus. Ende. Aufgebraucht. Ich brauche eine kleine Auszeit. Ein paar wenige Stunden Schlaf am Stück. Nichts wünsche ich mir sehnlicher. Schlaf. Ich weiß gar nicht mehr, wie es sich anfühlt, ausgeschlafen zu sein. Es gibt diese Momente, da neide ich dem Herrn seinen Schlaf. Ich beneide ihn darum, dass er einfach einschlafen kann. Dass er nicht bei jedem Quietschen, Quengeln oder Lachen wach ist. Und nicht nur das, in diesen Momenten beneide ihn manchmal sogar darum, dass er zur Arbeit fährt. Dass er nun einmal nicht von zu Hause aus arbeitet. Ich sitze da, in der Regel auf der Couch und bin zu kaputt, um überhaupt aufzustehen. Eigentlich möchte ich nur noch ins Bett. Aber ganz eigentlich müsste ich auch noch ein wenig arbeiten. Ich bin so geschafft, dass ich einfach sitzen bleibe. Mich nicht bewege. Ich schaue weder Fern noch lese ich. Für beides reicht es nicht mehr. Irgendwann überwinde ich mich, mache mich Bett-fein und lege mich hin. Ich schaue auf die Uhr und habe Angst, dass das kleine Mimi-Mädchen sich gleich wieder meldet. Oft ist es wie verhext. An ganz besonders müden Tagen scheint es, als würde die kleine Dame merken, wie müde und kaputt ihre Mama ist. Als würde sie spüren, dass nur wenige Stunden Schlaf gerade die Welt bedeuten würden. Und an diesen Tagen überrascht sie mich dann ganz unverhofft mit drei, manchmal sogar vier Stunden Schlaf am Stück. Da stehe ich morgens auf und möchte fast Bäume ausreißen.
Wie die wunderbare Sarah Connor (und Jule – die ich euch nur ans Herz legen kann und auch möchte) schon sagte:
„..und ich hab das alles so gewollt,
den ganzen Terror und das Gold.
Ich habe nie was so gewollt!“
Zaxumo –
Wie nachvollziehbar das selbst für mich, als Nicht-Mutti, ist.
Wunderschön geschrieben! 🙂
Liebe Grüße
Marlena
Danke für diese ehrlichen Worte.
Anonym
dein Mann hat doch auch mal Urlaub oder Wochenende oder?Wieso kann er nicht mal eine Nacht übernehmen ?
Janinchen von W
Ich stille noch voll. Die Flasche akzeptiert Mimi bisher nicht. Er kann mir also nicht wirklich viel abnehmen. Aber er ist generell eine sehr sehr große Stütze. In allem anderen.
Janinchen von W
<3
Lisa
Selbst als frisch gebackene Mama (hört sich immernoch ganz ungewohnt an) bin ich teilweise schon wirklich fertig. Da sitzt man wirklich einfach nur da und ist noch zu müde, um den Fernseher einzuschalten. Zum Glück sind unsere Kinder so toll und belohnen uns jedem Tag mit ihrem Wesen aufs neue.. Sonst würde man das wohl kaum durchstehen.
Wie immer toll geschrieben Janina. Alles Liebe, Lisa
Anonym
Super geschrieben. Ich habe das jetzt seit über einem Jahr und kann mich in deinen Worten absolut wiederfinden.
Unknown
Und wie kaputt ich nach 6 Monaten war. Der erste Zusammenbruch ? dann der Schub, drei Wochen nie länger als 1,5 Std Schlaf – höchstens. Als ich gedacht habe, ich muss sterben wars vorbei. Manchmal Stille ich jetzt (9 Monate) plötzlich nur einmal in der Nacht u bin sowas wie ausgeschlafen. Doch meist sind es eher dreimal. Aber selbst das ist besser als kein Schlaf. Man wird so genügsam 😀 durchhalten!!
Anonym
Sehr schöne und wahre Worte. Ich kann nur sagen „halte durch“.
Obwohl meine Kinder nun schon ein bißchen größer sind, und ich wieder halbwegs meinen Schlaf bekommen – Luft zum Atmen und Zeit für mich sind weiterhin ein Wunschtraum.
Das „Haushaltsrobotergefühl“ wird dich noch eine Weile begleiten…. Viel Kraft!
Josephine
Liebe Janina,
lieben Dank für diesen tollen Post. Ich finde es völlig in Ordnung, dass ihr euch für die klassische Rollenverteilung entschieden habt. 😉 das passt zu euch, denn ihr wirkt als Paar auch eher konservativ, wenn ich das sagen darf.
Liebe Grüße aus Hamburg!
Anonym
ja gut man kann ja auch abpumpen
dass euer Baby keine flasche nimmt ist ja ungewöhnlich bzw habe ich bisher noch nie gehört
irgendwann willst du ja sicher aufhören zu stillen und dann muss deswegen ja sowieso ne lösung gefunden werden…oder ?
Janinchen von W
Warum soll ich abpumpen, wenn sie die Flasche eh nicht akzeptiert. Und nein, ich will vorerst noch nicht abstillen. Ich habe Anni 10 Monate voll gestillt und ihr dann direkt Wasser und Tee im Becher angeboten. Sie hatte nie eine Flasche. Genau so werde ich es dieses Mal wieder handhaben. Weil ich das Beste für meine Kinder möchte und dies das Beste für sie ist. Warum soll ich sie zwingen, ihr Kummer zufügen. Niemals. Dann bin ich lieber müde.
Janinchen von W
Wir haben uns nicht für die klassische Rollenverteilung entschieden. Ich stille voll. Da kann er mir nachts nicht wirklich unter die Arme greifen. Und das ist auch ok so. 🙂
Janinchen von W
Es tut so gut zu wissen, dass es vielen Mamas so geht. 🙂
Janinchen von W
Das freut mich. Danke Dir! <3
Anonym
Wie sehr ich mich am diese schwere Zeit erinnere und oft gedacht habe ich schaffe es nicht mehr…. Und dann wurde es besser :-). Toll das du hier so offene Worte findest.
Weiterhin durchhalten liebe Janina.
Herzliche Grüße aus HH
Nadine
Anonym
Hmm, also ich kenne einige Kinder die keine Flasche akzeptiert haben. Ich verstehe immer nicht warum immer ein Wirbel darum gemacht wird wenn man länger als 6 Monate stillt ? Ich habe meine Tochter bis vor kurzem noch gestillt, und die wird demnächst 2 beide müssen es wollen Mutter und Kind.
Sarah
Abpumpen damit der Vater dann Nachts eine Flasche warm machen muss? Und das Baby länger weint weil es Hunger hat? Für manche vielleicht eine Lösung, für mich kam es auch nicht in Frage. Stillen ist nicht nur reines Hunger stillen, sondern auch Wärme, Geborgenheit, Mamas Geruch und meine Tochter ist dabei Nachts sofort wieder eingeschlafen.
Und: auch ich habe schon oft gehört dass ein Baby keine Flasche und keinen Nuckel akzeptiert. Das ist nicht selten.
Juliane
Oh wie ich das kenne – ich vielleicht nicht ganz so schlimm wie bei euch. Wenn es gut geht, kommt der kleine Mann nur 2 mal – die letzten Wochen aber deutlich häufiger… Vor allem das Einschlafen fällt ihm so schwer. Hier wird auch kein Nuckel akzeptiert.
Die Flasche mit abgepumpter Milch gibts auch nur, wenn Mama ausnahmsweise einen Tag arbeiten geht… Das klappt – zum Glück! Aber jeder soll es doch so machen, wie es für ihn am besten passt. Ich würde meinen Mann nachts nicht wecken. Ist doch gut, wenn wenigstens einer schlafen kann… Helfen kann er mir ohnehin nicht… Irgendwann werden die Kinder schlafen und dann können wir Mamas auch wieder schlafen (oder auch nicht *g*)
Schöner Liedtext – der passt 100%.
Herzlichst Juliane
Stefanie
Liebe Janina, was für ein ehrlicher und authentischer Bericht… Ich verfolge dich seit einiger Zeit und habe schon oft mitbekommen, dass dir dein Mimi-Mädchen nachts den Schlaf raubt. Ich kann mir vorstellen, wie das an die Nieren geht und die Kräfte raubt. Allerdings habe ich mir in den vergangenenen Wochen auch immer wieder die Frage gestellt, warum du dir in dieser schwierigen Zeit so viel zumutest. Verstehe mich bitte nicht falsch, dass soll nicht heißen, dass ich dir das nicht gönne oder du das nicht machen darfst. Da ich davon ausgehe, dass es sich nicht bei allen Ausflügen etc. um wichtge Pflichttermine handelt, frage ich mich, warum du dir nicht mehr Zeit für dich nimmst. Anhand deiner Bilder habe ich das Gefühl, du bist ständig unterwegs, reist hierhin und dorthin. Da kann man ja nur ausgelaugt sein. Wie gesagt, dass ist einfach nur die Frage, die sich mir beim Betrachten deiner Bilder stellt. Aber vielleicht wirkt es ja auch nur so, da man ja eher selten Bilder vom täglichen Leben postet. Ansonsten finde ich das mit dem Stillen voll in Ordnung. Ich selbst habe noch keine Kinder, aber ich möchte später auch mal so lange stillen, wie es geht. Möchtest du nach dem Stillen eigentlich mit Brei weitermachen oder gehst du auch direkt zu richtigem Essen über? Liebe Grüße und für die Zukunft alles Gute. Stefanie