„Anschlag in New York City“
– was löst diese Meldung in Dir aus?
Der 27-jährige Akayed A. läuft in den Untergrund der New Yorker U-Bahn. Es ist früher Morgen an diesem Montag. Tausende Menschen sind auf dem Weg zur Arbeit. Zwischen den Verbindungstunnel der beiden Stationen Time Square und Port Authority explodiert gegen 7:20 Uhr der Rohrbombengürtel um seinem Körper. Vier Menschen werden verletzt. Dass nicht mehr passiert ist, lag daran, dass die Rohrbombe offenbar dilettantisch gebaut war. Doch die Absicht war eindeutig: ein Selbstmordanschlag mit möglichst vielen Opfern. Tausende Pendler fliehen in den Rauschschwaden geschockt ins Freie. Manhattan, das pulsierende Herz von New York City, steht für eine Weile still.
Es ist die dritte Attacke im Big Apple binnen 15 Monaten, die zweite innerhalb von nur acht Wochen. Erst Ende Oktober hatte der Fahrer eines Kleinlasters absichtlich Passanten und Fahrradfahrer überrollt, acht Menschen kamen ums Leben.
Der Täter mit der Bombenweste bekennt sich zum IS, sagt, er habe den Anschlagsort bewusst gewählt: wegen all der weihnachtlichen Werbeposter an den Wänden. Erinnerungen an den Anschlag vergangenen Jahres auf dem Berliner Weihnachtsmarkt werden wach. Entsetzlich! Schon wieder: an einem alltäglichen, banalen Ort versucht ein Mann, sich und möglichst viele Mitmenschen in die Luft zu sprengen. Die US-Behörden gehen von einem sog. „einsamen Wolf“ aus, einem radikalisierten Einzeltäter also.
Zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert. Der einzig ernsthaft Verletzte war an diesem Montag in New York der Attentäter selbst. Doch wir alle wissen: es ist nur eine Frage der Zeit, bis so ein Anschlag mal weniger glimpflich ausgeht, bis irgendein Bombenbauer sein perfides Meisterstück explodieren läßt und viele, viele Menschen tötet und verletzt.
Diese Attentäter wollen Angst verbreiten, wollen unsere freie, westliche Lebensart beschneiden. Unser Leben ist in ihren Augen nichts wert. Und sie?
Sie töten selbstherrlich – sich und andere – für etwas „Größeres“.
Aber wie gehen wir inzwischen mit solchen Schreckensnachrichten um?
Als ich am Montag mit Menschen in meinem Umfeld über den versuchten Terroranschlag sprach, waren alle bestürzt. Es fielen Adjektive wie schlimm, grauenvoll. Aber auch: „Schon wieder!“ Ich bin überzeugt: wäre der Vorfall dramatischer ausgefallen, wären die Reaktionen andere gewesen. Doch mir wurde klar, dass uns diese Meldung nicht mehr ganz aus der Bahn wirft, nicht mehr total überrascht. Sie wird mit jedem Mal „gewöhnlicher“ – und somit auch „normal“.
Sind wir schon derart abgestumpft oder gar gefühlskalt geworden?
Erschrocken über mich und meine Reaktion, realisierte ich, dass sie vielleicht auch etwas Positives mit sich bringt. Anschläge in der Vergangenheit, ob in England, Deutschland oder hier in Amerika, haben bei den Menschen eine Trotzreaktion hervorgerufen: Jetzt. Erst. Recht. Jetzt erst recht auf ein Konzert gehen, jetzt erst recht auf dem Weihnachtsmarkt bummeln. Natürlich fahren wir weiterhin mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit.
Ein Stück weit ist es sicherlich auch Machtlosigkeit, denn ja: es ist ein Ding der Unmöglichkeit solche Anschläge zu verhindern. Wie soll das gehen? Vor allem aber sind es Trotz, Stolz und ein Bejahen der eigenen Identität, der Gesellschaft und des täglichen Miteinanders. All das, was diese Terroristen zu zerstören suchen…..
Die Autorin
Elisabeth ist Mama von zwei Mädchen, Journalistin und lebt mit ihrer Familie in Washington / USA.
Ich bin sehr dankbar, dass sie in regelmäßigen Abständen wichtige und interessante Beiträge für Oh Wunderbar verfasst. Jeder ihrer Artikel ist absolut lesenswert.
Alle Artikel von Elisabeth findet ihr HIER.
Bei Instagram findet man Elisabeth HIER.
Ein sehr interessanter Beitrag als Empfehlung: „Arbeiten bis die Fruchtblase platzt!“
Jules
Hi, ist die Elisabeth noch bei Instagram? wir ziehen bald nach Amerika und ich würde ihr gerne folgen.
Janina
Ja, Elisabeth heißt dort jetzt nur anders @elisabeth.koblitz 🙂