EINS, ZWEI, DREI, VIER… VOBEI?!
WARS DAS JETZT. WIRKLICH?

War’s das jetzt? Oder kommt da noch jemand?

Da liegt er, mein kleiner Pieti, und ist so wunderschön. Es ist mir nicht entgangen, dass er wieder einen Schub durchgemacht hat. Dass er plötzlich wieder so viel wacher, aufmerksamer und auch größer ist. Ja, er ist angekommen auf dieser Welt. So voll und ganz. Plötzlich greift er. Er dreht den Kopf und möchte alles mitbekommen. Und während ich ihn verträumt anschaue, bewundernd, setzt er sein schönstes Lächeln auf. Dieses unverkennbare zahnlose Lächeln eines Babys. Es gibt eigentlich nichts Schöneres auf dieser Welt. Ein Baby. Mein Baby. So klein, so rein und so perfekt. Dazu dieser ganz besondere Babyduft. Ein Baby in den Armen zu halten, das ist wie dem Himmel ganz nah zu sein.

Vor ein paar Tagen saß ich im Zug. In der Trage mein kleiner Piet und neben mir ein Geschäftsmann. Er schaut mich an, dann Piet. „Ja, in dem Alter ist die Welt noch in Ordnung!“, sagt er plötzlich. Lächelnd, seine Gesichtszüge dabei ganz weich. Noch den ganzen Tag denke ich darüber nach, über seine Worte – die so wahr sind, nicht wahrer sein könnten. Ja, in dem Alter ist die Welt noch in Ordnung. Keine Sorgen, keine Ängste, dafür ganz viel Körpernähe und Liebe und Sicherheit. Wehmut stellt sich ein.

Dann, ich ziehe gerade meinen Pieti um, spreche mit ihm, strahle ihn an und versuche, ihm ein Lächeln zu entlocken. Es gelingt mir. Er lacht sogar mit Ton. Mir wird mein Herz schwer. So unheimlich schwer, ganz urplötzlich.
„Jetzt ist die Welt noch in Ordnung, kleiner Piet!“, geht es mir durch meinen Kopf. „Jetzt noch..“. Ich streichle ihm über sein Bäuchlein, kitzle ihn an seinen Füßchen und es fällt mir wie Schuppen von den Augen. Dieses kleine Kind ist jetzt schon zwei Monate Teil unserer Familie. Zwei Monate, die mir vorkommen wie ein Wimpernschlag. Und ganz vermutlich wird dieser kleine Junge mein letztes Kind sein. Es erwischt mich kalt.
Ich werde also nie wieder ein so kleines Wesen in meinem Bauch spüren. Nicht dieses Gefühl von „Schmetterlingen in meinem Bauch“ haben, wenn man die ersten Kindsbewegungen spürt. Nicht noch einmal diese große Vorfreude auf das erste Kennenlernen. Nie wieder dieser Duft eines Neugeborenen. All das nie wieder. Ich habe Tränen in den Augen. Eigentlich war mir schon vorher klar, dass da Niemand mehr kommen wird. Ja. Aber in diesem Moment erwischt es mich mit aller Wucht. Das, was eigentlich schon längst klar war und was ich längst wusste, erwischt mich plötzlich mit aller Kraft. Es wird vermutlich kein weiteres Baby geben. Nicht für mich, nicht für uns. So sehr ich meinen kleinen chaotischen Haufen liebe, so sehr ich es genieße Mama von dieser bunten Bande zu sein, ich kann es mir gerade nicht vorstellen. Irgendwie hat sich auch das allererste Mal so eine absolute Ruhe eingestellt. Gewissheit. Ein Gefühl von „wir sind komplett!“. Und damit ein Gefühl, das ich kaum mit Worten erklären kann. Aber es ist da. Ich fühle es. Es ist diese tiefe, ruhige Gefühl von Angekommen sein. So viel Glück. So viel Liebe. Und gleichzeitig ist da ein Funken Angst. Angst davor, dass diese Babyzeit mit meinem Piet zu schnell an mir vorbeizieht. Und das tut sie. Denn die Zeit fliegt. Die Tage reißen ab und mit jedem Tag wirkt er ein Stückchen größer. Was sag ich, eh ich mich verstehe, sind all meine Kinder groß und ziehen los. So wie es Anni gerade tut. Und das zu sehen, diesen Vergleich zu haben, das lässt mich vermutlich so unfassbar emotional werden. Ich halte da ein frisch geborenes Baby in meinem Arm, das jetzt doch schon wieder einige Wochen bei mir ist. Und dann ist da eine Tochter, die doch vorgestern noch mein kleines Baby war, war, denn jetzt ist sie eine junge Frau.

Ja, das war’s jetzt. Eins, zwei, drei, vier, Ende. Nicht deshalb Ende, weil es an Liebe und Platz im Herzen fehlt, nein. Ende, weil ich mich gerade so komplett fühle. So, als wäre alles genau so richtig und perfekt und gewollt, und zwar genau so, wie es gerade ist. Früher war das anders. Mimi zum Beispiel. Als ich sie in meinen Armen hielt, verliebt und stolz, da wusste ich, da ist noch jemand, der kommen wird. Ich wusste es einfach. Da war kein Zweifel. Dann nach der Geburt meines ersten Sohnes, wieder stolz und umso dankbarer, war da nicht mehr das Gefühl. Vermutlich aber auch wegen dem Trauma, das ich in mir trug. Dieses vierte Kind, mein viertes Kind, war eine kleine Überraschung und fühlt sich jetzt so richtig an. Als wäre da einfach noch ein kleiner Mensch gewesen, der gewartet hat. Der sich noch schnell dazu gesellen wollte. Aber jetzt, jetzt ist da Ruhe. Das war’s jetzt und das ist gut so!

War’s das jetzt? Ja, das war’s jetzt!

 

Das war's

Kommentare

Dieser Beitrag hat 20 Kommentare
  • Nici
    11 Nov 2019 Antworten

    So ein toller Text, der mich total zum Nachdenken bringt, ob das Gefühl komplett zu sein, nach Baby Nummer 3, da ist. Ich weiss es gerade nicht.

  • Babsi
    11 Nov 2019 Antworten

    Oh ich versteh so gut was du meinst! Ich habe erst kürzlich den 2. Geburtstag meiner Zwillinge gefeiert und mittendrinnen bin ich so traurig geworden, weil es das letzte Mal sein wird, dass ich den niedlichen 2er-Caketopper auf eine Torte geben darf. Dass ich die Zeit nicht anhalten kann. Und auch wenn wir uns mit vier Kindern als Familie komplett fühlen, bleibt das schwere Gefühl der Gewissheit, dass ich all das nie mehr erleben werd dürfen.

  • Kerstin Ossenkopp
    11 Nov 2019 Antworten

    Ich könnte stundenlang weiter lesen alles das habe ich so erlebt meine Kinder sind erwachsen und sind haben selbst Kinder und ja wie schnell die Zeit vergeht wie im Flug und mit jedem Kind was dann sein eigenen Weg geht kommen ein paar Tränen

  • Johanna
    11 Nov 2019 Antworten

    Oh wow gut man ich dieses Gefühl nachvollziehen! Wir haben drei Kinder im Alter zwischen 13 Jahren und 18 Monaten. Auf der einen Seite sind wir komplett. Als ist gut. Momentan auch noch echt anstrengend. Auf der anderen Seite ist dieser Schmerz, dass das alles nie wieder kommt! Unvorstellbar. Ich darf da gar nicht richtig drüber nachdenken, sonst haut es mich wieder um. Ich bin noch ein paar Tage 41. Habe drei Kaiserschnitte gehabt und eine große Bauch OP um eine alte Kaiserschnittnarbe zu reparieren. Habe unvorstellbar viele Nächte nicht durchgeschlafen und trotzdem war der Gedanke unvorstellbar und es hat soo weh getan als der Arzt über das Tuch geschaut hat beim Kaiserschnitt und sagte, das ist aber das letzte…. Danke für deinen Beitrag.

  • Kielereule
    11 Nov 2019 Antworten

    Ach Janina, ich habe Tränen in den Augen.
    Mir geht es gerade ähnlich..auch, wenn Lulu „nur“ Kind Nr.2 ist und ich denke ..sie ist mein letztes?! Ist sie es? Ich wollte doch nur immer 2..Ich frage mich gerade auch, wo ist nur Die Zeit geblieben?!
    Sie rast nur so dahin und ich habe ebenso Angst, die kostbare Zeit irgendwie nicht richtig zu genießen! Lass uns die beiden Mäuse nochmal so richtig genießen! Fühl dich gedrückt. Lea

  • Julia
    11 Nov 2019 Antworten

    Oh wow, so wunderschöne Worte. Mir laufen die Tränen. Sie berühren mich sehr.

  • Ramona
    11 Nov 2019 Antworten

    Wow! Ich habe Ende August auch mein 4. Kind bekommen.. und es wird unser letztes sein.
    Deine Worte sprechen mir aus dem Herzen. Ich bin so komplett mit meine chaotischen Bande und trotzdem tut es weh… wie schnell sie gross werden.. und das alles nie mehr und zum letzten Mal erleben zu dürfen. Danke für deine Worte!

  • Nadine
    11 Nov 2019 Antworten

    Liebe Janina,
    Ich fühle so mit dir. Unser kleines viertes Wunder wurde vor 7 Wochen geboren und gefühlt rennt die Zeit – auch weil ich weiß, dass es unser letztes Baby sein wird. Ich würde am liebsten die Zeit anhalten. Unsere große Tochter ist in dem selben Alter wie eure Anni. Doch ich weiß nicht woran es liegt, aber ich kann jetzt die Zeit mit Baby mehr genießen, als damals, ich schätze es viel mehr und denke anderst – vielleicht liegt es am Alter oder weil ich weiß, dass es für uns unser letztes Baby sein wird 🤷‍♀️😢❤.

    Ganz liebe Grüße Nadine 😘

    Ps: Ihr seid ne tolle Famliy 😍

  • Tini
    11 Nov 2019 Antworten

    …ich kenne das Gefühl! Baby Nummer 4 mit knapp drei Monaten im Arm und den Fast-Teenager im Vergleich! Hinzu kommt momentan die Sorge welch‘ Welt sie erwatet, wenn sie erwachsen sind und z.B. auch über Familie nachdenken.

  • Eva
    12 Nov 2019 Antworten

    Genau SO fühle es sich für mich nach Henry, unserem sechsten Kind an….ich wusste,dass war‘s jetzt.

  • Pia
    12 Nov 2019 Antworten

    Ich glaube nach diesem Artikel weiss ich, dass ich noch ein 3. möchte. Das Gefühl, dass wir komplett sind, ist noch nicht da. Danke dir ❤️

  • Jennifer
    12 Nov 2019 Antworten

    Liebe Janina,
    Ich sitze gerade im Wartezimmer meiner Frauenärztin mit Baby Nummer vier im Bauch. Dieses Baby war eine große Überraschung für uns alle, aber wir sind alle so aufgeregt und glücklich und besonders die Kinder können es kaum erwarten ihr neues Geschwisterchen endlich im Arm halten zu können. Ich genieße jede Minute,in der ich Zeit finde mich ganz auf dieses kleine Wunder zu konzentrieren. Und dein Text hat mich sehr berührt, ich weiß, dass ich diesmal wirklich zum letzten Mal schwanger sein werde und ich freu mich auf alles was kommt und habe auch so Angst davor… Aber du machst mir Mut und ich freu mich jetzt auf das Gefühl und die Gewissheit,dass wir mit Nummer vier endlich komplett sein werden. Danke!

  • Jennifer
    12 Nov 2019 Antworten

    Wunderschön geschrieben und es spricht das aus war auch mir durch den Kopf geht🙈 Baby Nummer drei war bei uns eine Überraschung es sollte so sein.

    Und jetzt sind wir komplett ❤️

  • Sarah
    12 Nov 2019 Antworten

    Wow, ich habe Tränen in den Augen. Es beruhigt mich so, zu lesen wie die Emotionen bei anderen Mamas sind. Mein kleiner Sohn hat mich 2018 zum ersten mal zur Mama gemacht. Und ich bin aktuell in der Phase „ich weis genau da kommt noch ein, vielleicht auch zwei Wunder.“ Und auch wenn ich aktuell noch nicht glaube, dass wir komplett sind, liebe ich meine erstes Wunder so sehr und mit so glücklich mit ihm.

  • Julia
    12 Nov 2019 Antworten

    Ja, dieses Gefühl kam vor 2Jahren auch bei mir auf, es ist quasi vorbei mit #dickbachdienstag #newborn und man wehmütig mit einem dicken Lächeln an diese Zeit zurück.
    Also schreiben, das kannst du, du schreibst das auf was viele denken aber nicht in Worte fassen können.

  • Natalie
    12 Nov 2019 Antworten

    Soooo toll geschrieben,ich genieße auch jeden Moment mit meinem kleinen Schatz! Wir haben im Mai unseren zweiten kleinen Sonnenschein bekommen und ich bin mehr als glücklich,über meine beiden Jungs,aber manchmal bin auch sehr wehmütig,nie wieder schwanger zu sein,nie wieder dieses kleine Wunder auf die Brust gelegt zu bekommen,dass letzte mal stillen,dass letzte mal so ein kleines zauberhaftes Wesen beim groß werden und entdecken der Welt zu begleiten 🥰 Aber es liegt noch soooo viel vor uns und es ist viel wichtiger,jeden Moment zu genießen 💙

  • Julie
    13 Nov 2019 Antworten

    Ich kann dir so wahnsinnig gut nachempfinden. So in etwa ging es mir beim 5. Kind. Der Kleinste ist nun ein halbes Jahr alt und ich weiß, wir sind komplett.

  • Jennie
    13 Nov 2019 Antworten

    Oh ja, solche Gedanken kenne ich auch. Ich hab mir immer viele Kinder gewünscht. Dann kam das Leben dazwischen. Geschieden und kinderlos mit 30. Ein neuer Prinz kam und brachte drei Kinder mit. Und nach langem Zögern wurde mein Wunsch erfüllt und ich bekam mein kleines Mädchen. Wissend, mehr wird es nicht geben. Und eigentlich bin ich wunschlos glücklich. Meine Tochter ist mein größtes Glück, gewünschtestes Wunschkind. Und dennoch ist da manchmal diese Wehmut… es wäre noch Platz in meinem Herz gewesen. Aber das Leben hat anders entschieden und es ist nüchtern betrachtet auch genau richtig so! Danke für den tollen Text!

  • Katharina
    21 Nov 2019 Antworten

    Oh wow, schon schaue ich mal ein Jahr lang nicht auf Deine Seite, schon ist da ein neues Baby!! 😍 Zu meiner Entschuldigung: ich war busy mit meinem… 😉
    Also nachträglich noch alles Gute zum kleinen Mann!! Wie schön, dass es jetzt vier sind… ❤

  • Alice
    30 Dez 2019 Antworten

    Ich kenne dieses Gefühl. Ich habe 2 Jahre gebraucht, um im Herzen zu verstehen, dass es das war. Wir sind jetzt 7, ich bin 43, das war’s jetzt….. nie wieder dieses erste Mal, diese Kraft, diese Liebe, dieser Moment…. nie wieder. Und jeden Tag muss, kann, ich bei meiner Arbeit miterleben, wie eine andere Frau diesen einen Moment erlebt, den ich nie wieder haben werde. Es hat mich viele Gespräche gekostet, mit mir selbst.

Schreibe ein Kommentar

Weitere Blogbeiträge